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Storybasierende, kooperative Deduktionsspiele liegen derzeit voll im Trend. Diesem Trend schließt sich nun auch der Friedberger Verlag Pegasus Spiele mit seiner Reihe UNDO an. Angekündigt wurde die Spielreihe bereits Anfang des Jahres auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. Jetzt, Anfang Juni wurden die ersten drei Fälle auf der UK Games Expo vorgestellt und sind ab sofort im Handel verfügbar. Die Autoren der UNDO-Reihe sind das Erfolgsduo Michael Palm und Lukas Zach (u.a. „Die Zwerge“ und „Adventure Island“). Das sorgt sicher auch für hohe Erwartungen an das Spielsystem.
Wir konnten bereits einen der Fälle spielen und waren gespannt, in wie weit sich UNDO von ähnlichen Spielen auf dem Markt unterscheidet, oder ob es nur ein weiterer Goldfisch im Teich ist.
Eckdaten
Reihe: UNDO – Mach es ungeschehen!
Titel: Das Kirschblütenfest
Für 2-6 Spieler, ab 10 Jahren
Autoren: Michael Palm, Lukas Zach
Verlag: Pegasus Spiele
Spieldauer: ca. 60-90 Minuten
Platzbedarf: ca. 80 x 80 cm
Verlagstext zu UNDO
In Undo – Das Kirschblütenfest geht es nicht darum, den Tathergang zu lösen oder einen Mörder zu identifizieren. Stattdessen müssen die Spieler als körperlose Schicksalsweber durch die Vergangenheit des Mannes reisen, um seinen Tod zu verhindern. Jeder der Zeitsprünge bringt eine folgenschwere Entscheidung mit sich, die am Ende darüber bestimmt, ob der Mann lebt oder stirbt. Wird es den Spielern gelingen, das Schicksal zu ändern und den Mann zu retten?
Gemeinsam entscheiden die Spieler, in welcher Reihenfolge sie an verschiedene Zeitpunkte im Leben des Opfers zurückreisen. So erkunden sie nach und nach eine anrührende Geschichte über Liebe, Kummer und Familie, die die Spieler ganz in ihren Bann zieht, ohne alle Geheimnisse preiszugeben.
Quelle: www.pegasus.de, Juni 2019
Spielaufbau und –ablauf bei UNDO
Das Spiel besteht aus 25 großen und 60 kleinen Spielkarten. Mehr ist nicht in der kleinen Schachtel drin. Keine Regeln, keine Marker, keine Würfel, nichts – nur die Spielkarten.
Eine Auslage mit 13 großen Spielkarten bildet die zentrale Geschichte mit ausgewählten Stationen im Leben des Protagonisten. Darunter liegt unter jeder großen Karte noch eine weitere, kleine Karte, mit einem Stichwort. Alle diese Karten liegen jedoch noch verdeckt auf dem Tisch, bis auf eine der großen. Diese beschreibt das, was bereits auf dem Cover der Box zu sehen ist. Ein Mann liegt am Boden, neben ihm ein zerbrochenes Glas, ein Foto und auf dem Tisch liegen Kirschblütenzweige.
Mehr Informationen gibt es nicht, sind aber zu diesem Zeitpunkt auch
nicht notwendig. Die Spielregeln und der genaue Rundenablauf werden auf weiteren Karten des Spiels beschrieben. Man kann also relativ schnell beginnen herauszufinden, was geschehen ist.
Spielablauf
Neun Runden haben wir jetzt Zeit, herauszufinden, was geschehen ist. Doch damit nicht genug. Wir sollen auch versuchen, das Geschehene zu verhindern. Einziger Anhaltspunkt dafür sind Orte und Zeitangaben auf den 13 Geschichtekarten. Gemeinsam wird nun diskutiert, an welchen Punkt der Geschichte man reisen möchte. Hat sich die Gruppe auf einen Zeitpunkt, eine Karte, geeinigt, wird diese umgedreht und der Text vorgelesen. Ein weiteres Bruchstück der Story ist nun bekannt. Die Spieler haben jetzt die Möglichkeit, diese Geschichte zu beeinflussen. Dazu entscheiden sie sich gemeinsam für eine von drei Optionen, die auf der neuen Karte stehen. Jede dieser Optionen kann die Geschichte verändern oder auch nicht. Je nach Entscheidung der Gruppe wird aufgelöst, ob die getroffene Entscheidung den Verlauf der Geschichte beeinflusst, oder nicht.
Auswirkungen auswerten
Jeder Geschichtenkarte sind drei kleine Karten (Schicksalskarten A, B, C) zugeordnet, die entweder Pluspunkte für eine erfolgreiche Einflussnahme oder Minuspunkte für falsche Ansätze, beinhalten. Auch kann es sein, dass es Null Punkte gibt. Dies kommt in der Regel vor, wenn sich die Spieler für eine Option entscheiden, die überhaupt keinen Einfluss auf die Geschichte haben.
Beispiel (spoilerfrei):
Auf einer gewählten Geschichtekarte (Nr. 17) könnte stehen:
Stuttgart, 29. Februar 2011, Der aus Frankfurt stammende Zauberkünstler steigt in ein Taxi. Plötzlich bemerkt er, dass der Taxifahrer von der Route abweicht. Voller Angst und nervös klammert er sich an ein Paket. Als das Taxi an einer Ampel halten muss, springt der Zauberkünstler aus dem Wagen und flüchtet.
Ihr sorgt dafür, dass er:
A) Sein Handy liegen lässt
B) Ein Paket liegen lässt
C) Er sich das Kennzeichen merkt.
Die Spieler müssen sich jetzt für eine der drei Schicksalskarten 17A, 17B oder 17C entscheiden. Je nach gewählter Karte, steht auf der Rückseite eine positive oder negative Punktezahl. So wissen alle, ob und wie die gewählte Option die Geschichte beeinflusst.
Sollte einmal ein Indiz doch nicht so eindeutig sein, können Hinweiskarten genutzt werden. Zu jeder der 13 Geschichtekarten gibt es genau eine Hilfekarte, die wichtige, zusätzliche Informationen beinhaltet. Allerdings können im gesamten Spielverlauf nur 4 Hinweise genutzt werden. Mehr nicht (!) Das muss reichen.
Spielende
Sobald die neun Runden gespielt sind, liegen 9 der 13 Karten offen und deren Informationen sind bekannt. Jetzt sollte das Team sich auch eine Geschichte zurecht gelegt haben über das was passiert ist und wie man dies beeinflussen möchte.
Jetzt wird aufgelöst. Zunächst werden aber die Punkte der gewählten Schicksalskarten addiert. Die erreichte Punktzahl gibt dann Aufschluss über den Erfolg oder Misserfolg.
Wer dann noch genau wissen möchte, was passiert ist und wie man es hätte beeinflussen können, kann dies auf weiteren Spielkarten nachlesen. Wer keinen Erfolg hatte, kann auf die Auflösung verzichten und es noch einmal probieren. Das Spiel lässt sich komplett zurücksetzen.
Unsere ersten Eindrücke zu UNDO
Wir haben die Story zu dritt mit der zweithöchsten Punktezahl fast perfekt abgeschlossen und die Geschehnisse komplett richtig herausgefunden. Daher können wir nur von dieser einen Partie als Ersteindruck sprechen.
Wir fühlten uns über eine Stunde gut unterhalten und hatten nie das Gefühl irgendwo in eine Sackgasse zu geraten. Die Story war rund.
Einstieg
Anfangs waren wir natürlich noch komplett rat- und planlos, und haben schnell, relativ zufällig, die ersten drei Karten sowie einen Hinweis aufgedeckt. Als wir dann bereits einen kleinen Ansatz für uns ausmachen konnten, haben wir die weiteren Karten gezielter ausgewählt und unsere Geschichte nahm langsam Form an. Wir unternahmen jetzt gezielte Zeitsprünge und konnten den Inhalt manch einer Karte bereits im Vorfeld erahnen. Schnell war uns dann eine Geschichte klar, auf die wir uns bis auf ein paar Details auch einigen konnten.
Im weiteren Verlauf, gegen Ende der Partie versuchten wir dann, unsere Ungereimtheiten zu beseitigen. Als wir dann die neun Runden hinter uns hatten und sogar noch zwei verbleibende Hinweiskarten eingesetzt hatten, lösten wir nach 72 Minuten auf. Mit Erfolg!
Spielregeln
Diese sind eigentlich sehr einfach und ergeben sich fast auch von alleine. Ein Nachlesen war zu keinem Zeitpunkt notwendig.
Was störte uns
Eigentlich nichts. Wir haben jedoch diskutiert, ob wirklich jeder so viel Text lesen mag. Wie gesagt, uns hat es nicht gestört, wir können uns aber vorstellen, dass das Lesen der ganzen Texte den einen oder anderen stört oder (über-)fordert. Gerade wenn man mit Kindern spielt, müssten ältere Einspringen um die Texte vorzulesen. Der Wunsch nach einer Vorlese-App war auch bei uns vorhanden – rein aus Bequemlichkeit.
Was gefällt
Die Stimmung und die Kommunikation die wir im Spiel hatten waren sehr gut. Das Spiel hat uns gut unterhalten und wir konnten uns gut in die Geschichte hinein versetzen. Wir hatten nie das Gefühl, dass uns eine abstruse Geschichte serviert wurde. Alles fühlte sich rund und schlüssig an.
Rund 90 Minuten Spielspaß zu dritt, für rund 10 Euro! Was will man mehr? Im Kino würde es nicht einmal für Popcorn und Getränk reichen, geschweige denn für den Eintritt.
Toll ist auch, dass man das Spiel am Ende wieder zurücksetzen und erneut spielen kann. So freuen sich Freunde und Bekannte ebenfalls.
Ähnliche Spiele
Vergleichen kann man UNDO nicht mit den ganzen Exit-Games die es auf dem Markt gibt. Klar wird hier auch geknobelt, doch es wird kein Material verändert oder zerstört. Auch geht es nicht darum, eine Geschichte zu entschlüsseln oder aus einer Situation zu entkommen. Einzig mit der „Sherlock“-Reihe aus dem Hause Abacusspiele lässt sich die UNDO-Reihe vergleichen. Allerdings wird bei „Sherlock“ einzig ein Tathergang entschlüsselt, während hier bei UNDO nicht nur Aufklärung betrieben wird, sondern eben auch versucht wird, das Geschehene ungeschehen zu machen.
Unser erstes Fazit
Das erste Spiel der UNDO-Reihe hat uns wirklich gut gefallen und wir sind gespannt auf das was kommt. Als Zeichen dafür, wie gut es uns gefallen hat, ist die Tatsache, dass wir nach der Partie noch über eine halbe Stunde über die Story und unsere Entscheidungen diskutiert haben. Spiele, die nicht gefallen, werden meist recht schnell weggeräumt. Undo blieb liegen. Was will man mehr? Wir freuen uns jedenfalls schon auf die anderen UNDO Fälle.
Wir haben zufällig (aus beruflichen Gründen/Erfahrungen) auch noch über den Einsatz dieses Spiels als Teambuilding-Game diskutiert. Bei einem Coaching-Seminar könnte eventuell eine Partie UNDO ebenso gut verwendet werden, wie jedes X-beliebige, trockene Planspiel – wenn nicht noch besser. Nur eben mit dem feinen Unterschied, dass bei UNDO der Unterhaltungswert deutlich höher sein dürfte. Ein Versuch ist’s mal wert.
Ebenfalls bereits erschienen sind
UNDO – Blut im Rinnstein
Chicago, USA, im Oktober 1929: Ein Mann Ende zwanzig liegt leblos auf dem Kopfsteinpflaster einer dreckigen Sackgasse. Sein Frack zeigt an Brust und Rücken Einschusslöcher, sein weißes Hemd ist blutüberströmt. Seine rechte Hand versuchte offensichtlich noch ….
UNDO – Fluch aus der Vergangenheit
Berlin, Deutschland, im Januar 1994: Fassungslos fällt die alte Dame über das Geländer in die Tiefe. Ihre Augen zeigen keine Panik, sondern Trauer über das, was geschehen ist. Sie rast vor der Fassade des Hotels aus dem fünften Stock dem Boden entgegen und …
© 16.06.2019 Oliver Sack
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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Pegasus Spiele / Fotos: © Oliver Sack
Dies ist keine Werbung, dies ist eine rein sachliche Meinungsäußerung zu einem Produkt.
Der Einfachheit halber, verwende ich die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“