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Spielen auf Distanz – Ein Thema, das viele Spieler zurzeit beschäftigt. Noch nie war das Interesse daran größer als in Zeiten von Corona und Lockdown. Doch wie kann man auf Distanz spielen und vor allem was? Diese Fragen haben auch wir uns nicht nur ein Mal gestellt. Klar kann man hier die gängigen Online Spiele-Portale wie Tabletop Simulator, Tabletopia, Brettspielwelt oder Yucata nutzen. Aber diese sind doch sehr auf digital und unpersönlich getrimmt. Absolut zu weit weg von einem Auge in Auge Erlebnis am Tisch. Zumal teilweise auch die Bedienung der Oberflächen und der Spiele recht kompliziert ist. Nicht jeder kommt damit gut zurecht. Also muss eine andere Lösung her. Wir haben uns daher entschieden, das Ganze per Video-Telefonie zu machen. So sieht man seine Mitspieler wenigstens noch während des Spielens.
Die Frage nach dem passenden Medium war schnell geklärt. Neben WhatsApp-Videoanruf haben wir auch Teams und Zoom ausprobiert. Letzteres war etwas kompliziert, da in der Free-Version nach ca. 30 Minuten eine Sitzung endet und man eine neue Sitzung initiieren muss. Das war ehrlich gesagt, etwas nervig. Das gute alte Skype hingegen war für uns dann die praktikabelste Lösung. (Solange es Skype noch gibt!). Dazu noch Laptop, Webcam und Bluetooth Lautsprecher.
Warum eine Webcam? Nun, die meisten eingebauten Kameras bei Laptops haben einen geringeren Blickwinkel als externe Webcams. Wir nutzen hier die „Aukey PC-LM1E 1080P Dual-MIC Webcam“ (Unbezahlte Werbung), die neben USB, einem Blickwinkel von 65° auch noch sehr gute Mikrofone hat. Für rund 50 Euro eine lohnenswerte Anschaffung.
Kleiner Tipp:
Den Laptop mit der Kamera etwas höher stellen, damit ihr gerade in die Kamera blicken könnt, was keine verzerrten Gesichter ermöglicht. Wir stellen dazu den Laptop auf 2 Spieleboxen (30x30cm Standardbox).
Doch welche Spiele eignen sich?
Diese Frage möchte ich hier gar nicht pauschal beantworten. Das muss jeder für sich entscheiden und den entsprechenden Aufwand abschätzen. Fakt ist allerdings, dass Spiele wie Halli-Galli, Jungle Speed oder Lucky Lachs gänzlich ungeeignet sind. Darum hier jetzt ein Überblick, welche Spiele wir auf Distanz spielen. Dabei sind für uns immer folgende Kriterien wichtig:
– für insgesamt 3 oder 4 Spieler.
– Spieldauer einer Partie unter 60 Minuten.
– Auf beiden Seiten sollte das Spiel vorhanden sein.
– Einfacher und übersichtlicher Aufbau.
– Nicht zu komplex/kompliziert um sich noch unterhalten zu können.
Klar gibt es wahrscheinlich sehr vieles, was hier zutrifft, aber das sind die Kriterien, die wir uns gesetzt haben.
Wenn wir dann gelegentlich auf Distanz spielen, sind wir meist zu viert. Also auf jeder Seite 2. Eine Konferenzschaltung mit mehr als zwei Teilnehmer (Endgeräten) machen wir eigentlich nicht.
unsere Distanz-Spiele
Locker, flockig spielen lassen sich Heckmeck am Bratwurmeck (Zoch), Qwixx (NSV), Einfach Clever (Schmidtspiele) und Las Vegas (Alea). Bei diesen kann man sich nebenher auch gut mit seinen Mitspielern unterhalten. Außerdem liegen diese Spiele immer auf beiden Seiten auf dem Tisch. Damit man immer weiß, wie der Stand bei den Mitspielern ist, haben wir uns kleine Namens-Aufsteller gemacht, zu denen wir dann beispielsweise Würfel oder Heckmeck-Steine dazulegen. So haben beide Seiten immer den Überblick über das Spielgeschehen. Der Rest ist dann einfache und klare Kommunikation. Bei Heckmeck zum Beispiel sagt jeder immer an, was er würfelt, welchen Stein er nimmt und welcher Stein gegebenenfalls aus dem Spiel genommen wird. Funktioniert echt prima, was auch für die anderen oben genannten Spiele gilt.
Aber auch Roll&Write und Flip&Write Spiele eignen sich prima auf Distanz. Der Kartograph und Trails of Tucana (beide von Pegasus), spielen wir hier sehr gerne.
Unser Distanz Highlight: Sonar Family
Geben Sie mir ein Ping, Vasily. Und bitte nur ein einziges Ping!
dieses Zitat von Sir Sean Connery alias Marko Ramius aus dem Film “Jagd auf Roter Oktober“ sollte reichen, damit jeder weiß, um was es jetzt geht.
Als wir kürzlich mit unseren Freunden in Luxemburg überlegten, was wir als Nächstes gemeinsam via Skype spielen könnten, hatten wir unsere üblichen Verdächtigten schnell aufgezählt. Doch wir wollten wieder etwas Neues ausprobieren, um unsere Distanzliste zu erweitern. Dabei wurden aus Scherz auch Spiele genannt, die (Gott sei Dank) nicht ernst gemeint waren. Mono…Dingsda war dabei nur ein Beispiel. Als dann aber, zunächst aus Spaß, Schiffe versenken genannt wurde, kam uns ein Geistesblitz. (Memo: Geistesblitz geht übrigens gar nicht auf Distanz) Klar kann man Schiffe versenken via Skype spielen, aber ist das nicht etwas zu Retro? Zu gewöhnlich? Genau! Jetzt gibt es aber doch Schiffe versenken in cool! Captain Sonar (Matagot/Pegasus) ist zwar vernünftig nur mit 8 Spieler wirklich interessant, aber zwischenzeitlich gibt es ja Sonar Family für zwei Teams à zwei Spieler. Ideale Voraussetzungen also für unsere Vorhaben. Ein Team operierte in Luxemburg, eins im Schwarzwald. Quasi Schwarzwälder Gebirgsmarine gegen die fürstliche U-Boot-Nation. Geniale Idee! Das hat super funktioniert und richtig viel Spaß gemacht. Zwar haben wir erst einmal rundenbasiert gespielt, sind uns dabei aber zu 100% sicher, dass das auch in Echtzeit funktionieren muss. Wir werden es demnächst auf jeden Fall ausprobieren, jetzt, wo alle bei uns das Spiel kennengelernt haben.
Ob man jetzt am Tisch mit Sichtschutz gegenüber sitzt oder viele Kilometer Glasfaser dazwischen liegen, ist egal. Die zwei U-Boot-Besatzungen aus Kapitän und Funker sitzen auf jeder Seite nebeneinander und können bei Bedarf auch gut das Mikrofon abschalten, um bei taktischen Besprechungen nicht abgehört zu werden. Man sollte nur darauf achten, die Kamera so zu platzieren, dass das Spielfeld für die Gegner nicht sichtbar ist. Außerdem (als Tipp für meine Frau), niemals zu sagen „Wir machen Schleichfahrt nach unten/Süden – das geht schief! Kurz, Sonar Family hat uns als Distanz-Spiel komplett überzeugt und es wird auf unserer Liste immer weit oben stehen. Kein anderes Spiel hat uns bisher das uneingeschränkte Spielgefühl gegenüber der Variante am Tisch gebracht.
Captain Sonar zu viert?
Natürlich kann auch der große Bruder von Sonar Family, Captain Sonar zu viert auf Distanz gespielt werden. Hier würden wir allerdings ein paar kleine Änderungen einbauen. Zunächst würden wir den Spielplan und die Rolle des Maschinisten ersatzlos streichen. Die Aufgaben des ersten Offiziers werden auf den Kapitän übertragen, was die Person erster Offizier ebenfalls erübrigt. Der Funker behält seinen Job so wie bekannt. Sagt der Kapitän eine Richtung an, markiert er seinen Kurs auf seiner Seekarte und markiert auf dem Plan des 1. Offiziers eines der Aktivierungsfelder. Ganz nach den Regeln von Sonar Family. Dies gilt auch für das Auftauchen. Hier wird lediglich die Koordinate genannt und keine „Strafaktion“ (Zeichnen) durchgeführt. Auch die Reparatur und die Aktivierung von Systemen entfallen. Der Rest bleibt eigentlich gleich.
Ob man diese Variante dann rundenbasiert oder in Echtzeit spielt, hängt von der Erfahrung der Gruppe ab. Zu Beginn einer U-Boot-Karriere würde ich auf jeden Fall zu „rundenbasiert“ tendieren.
Wer aber dann doch das volle Captain Sonar Feeling möchte, kann natürlich auch das volle Programm fahren. Dem steht auch auf Distanz eigentlich nichts im Wege.
Was geht sonst noch?
Ein Spielegenre, das auch immer gut funktioniert, sind Quiz-Spiele. Vorausgesetzt, man mag diese. Dann würde ich hierzu immer wieder und gerne das Kneipenquiz (Moses) auf den Tisch bringen. Hier genügt es auch, wenn das Spiel nur auf einer Seite vorhanden ist, da sich das meiste ohnehin in der Kommunikation untereinander abspielt.
Unsere Distanz-Spiele
Ausgehend von unseren bisherigen Erfahrungen, besteht unsere Liste der Spiele derzeit aus folgenden Titeln (wird laufend ergänzt):
– Black Stories (Moses)
– Der Kartograph (Pegasus)
– Ganz schön Clever (und Nachfolger; Schmidtspiele)
– Heckmeck am Bratwurmeck (Zoch)
– Kneipenquiz (Moses)
– Las Vegas (Alea)
– Quacksalber von Quedlinburg (Schmidtspiele)
– Qwixx (NSV)
– Sonar Family (Pegasus)
– Trails of Tucana (Pegasus)
Wie schon eingangs erwähnt, gibt es sicher noch einige Spiele, die hier infrage kommen. Auch wir werden weiter experimentieren und unsere Liste weiter ergänzen. Schließlich weiß keiner, wie lange das Spielen auf Distanz uns noch regelmäßig begleiten wird. Dass man auch in Zeiten nach und ohne Corona immer mal wieder auf Distanz spielen wird, ist ja nicht ausgeschlossen.
Falls Ihr jetzt noch Tipps oder Erfahrungen zu diesem Thema habt, schreibt gerne in die Kommentare.
Wir freuen uns.
(c) Von Spielevater Oliver Sack, 06. Dezember 2020 – alle Rechte vorbehalten