first rat titel

Lesezeit: 10 Minuten

First Rat – ein „Moksha Patamu“, auch bekannt als „Leiterspiel“, auf Kenner-Niveau. Also eine sehr alte Spielidee neu verpackt und aufgepeppt? Der Eindruck kam bei uns auf, aber ganz so ist es dann doch nicht. „Leiterspiel“ soll auch nicht abwertend klingen, im Gegenteil. First Rat ist ein gehobenes Familienspiel, dessen Tiefe und taktische Möglichkeiten erst nach ein paar Partien so richtig ans Licht kommen. Der erste Eindruck täuscht also. Die Hintergrundgeschichte hingegen ist einmalig. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir in einem Spiel schon einmal Ratten zum Mond geschossen haben. Dazu noch mit selbst gebauten Raketen aus dem Müll unserer Zivilisation. Klingt etwas verrückt? Egal, es hat Charme.

First rat box

Name: First Rat

Für 1-5 Personen, ab 10 Jahren

Autoren: Virginio Gigli, Gabriele Ausiello

Illustrationen: Dennis Lohausen

Verlag: Pegasus

Spielzeit: 30-75 Minuten

Platzbedarf: ca. 80×80 cm

Die Story

Seit Generationen erzählen sich die Ratten auf dem alten Schrottplatz die Legende vom Käsemond. Nun steht der Plan: Sie werden eine Rakete bauen und den Käsemond in Besitz nehmen! Zwar müssen die Ratten zusammenarbeiten, aber die Rivalität zwischen den Rattenfamilien ist ungebrochen: Denn die Familie, die die meisten Raketenteile baut und die mutigsten Rattonauten ausbildet, wird auch den größten Anteil vom lunaren Käseschmaus abbekommen.

Quelle: Pegasusspiele

Verlagstext

First Rat ist ein Kennerspiel für bis zu fünf Personen, das auch solo gespielt werden kann. Zahlreiche Strategien, besondere Fähigkeiten und ein variabler Aufbau machen jede Partie aufs Neue spannend. In jedem Zug müssen die Spielenden entscheiden, ob sie lieber eine Ratte bis zu fünf Felder weit bewegen oder stattdessen mehrere Ratten bis zu drei Felder weit laufen lassen – dabei dürfen die Ratten aber nur auf Feldern der gleichen Farbe ihre Bewegung beenden. Und wenn dort schon Ratten der Konkurrenz stehen, kostet es auch noch einen Käse pro fremde Ratte! Unterwegs sammeln die Spielenden Ressourcen, erwerben (oder stehlen) nützliche Gegenstände, bauen Teile der Rakete oder bilden Rattonauten aus, um möglichst viele Siegpunkte zu ergattern.

Quelle: Pegasusspiele

Anmerkung/Background

first rat leiterDas wahrscheinlich Ur-Leiterspiel „Moksha Patamu“ entstand bereits im 12. Jahrhundert in Indien. Wie auch „Pachisi“ (Vorläufer von „Mensch ärgere dich nicht!“) symbolisiert „Moksha Patamu“ den Weg / die Reise ins Nirwana. Diese Spielidee könnte eventuell Grundidee und Vorlage für First Rat gewesen sein. So zumindest meine Vermutung. Einzig das Zurückfallen („Schlangen“) verschwand bei First Rat gänzlich. Wobei, nicht ganz. Während beim Leiterspiel nur wenige Felder rückwärts gezogen werden muss, fällt man bei First Rat unter Umständen komplett zurück aufs Startfeld. Dem gegenüber steht dann aber ein taktischer Vorteil, den es immer abzuwägen gilt.

Doch war jetzt das Leiterspiel Vorlage für First Rat? Auch wenn ich denke, ja – eine Anfrage beim Verlag brachte Licht ins Dunkel, denn auf Nachfrage beim Verlag meldete sich einer der beiden Autoren, Gabriele Ausiello, wie folgt:

“No, the movement mechanics comes from the one I invented for another game: „Santa’s Workshop“ which has been under contract with Queen Games since 2016, but hasn’t been released yet! In this game the rats were Santa’s Elves who moved on player-acquired gift cards that were built by advancing the elves on different symbols (each elf on its own row of cards). Basically for „First Rat“ I thought to put the movement of the elves, for all the players, on a single track and to allow to skip symbols (colors) which was not allowed before. Also at the beginning in „Four Camels“ the track was circular and as you say the shortcuts have been added at a later time. So I would say that there was absolutely no conscious inspiration from snake & ladders.”

„Nein, die Bewegungsmechanik stammt aus einem anderen Spiel, was ich erfunden habe: „Santa’s Workshop“. Dieses ist seit 2016 bei Queen Games unter Vertrag, wurde aber noch nicht veröffentlicht! In diesem Spiel waren die Ratten die Elfen des Weihnachtsmanns, die sich auf von den Spielern erworbenen Geschenkkarten bewegten, die durch das Vorrücken der Elfen auf verschiedenen Symbolen gebildet wurden (jeder Elf auf einer eigenen Kartenreihe). Für „First Rat“ habe ich mir überlegt, die Bewegung der Elfen für alle Spieler auf eine einzige Spur zu legen und das Überspringen von Symbolen (Farben) zu erlauben, was vorher nicht erlaubt war. Auch in „Vier Kamele“ war die Strecke anfangs kreisförmig und wie du sagst, wurden die Abkürzungen später hinzugefügt. Ich würde also sagen, dass es absolut keine bewusste Inspiration durch das Leiterspiel („Snake & Ladders“) gab.“

Vielen Dank Gabriele Ausiello für die Ausführung.

Spielablauf bei First Rat

Wir versuchen möglichst viele unserer vier Ratten auf dem Pfad ganz nach oben zu ziehen. Wer dort zuerst ankommt, bekommt die meisten Punkte. Aber nicht nur dort kann man Punkten. Es gibt mehrere Möglichkeiten und man kann oder will ohnehin nicht überall sein.

Auf dem Weg nach oben können wir allerlei Gegenstände sammeln, mit denen wir Teile der Rakete bauen. Auch für diese Teile und die fertige Rakete bekommen wir Punkte, nachdem wir jeweils einen unserer acht Wertungssteine auf die entsprechende Wertungsleiste gesetzt haben. Weitere Punkte winken für verschiedene Errungenschaften oder können schlicht hinzugekauft werden. Auch dazu werden Wertungssteine auf die entsprechenden Leisten gesetzt. Welche dieser Leisten man wählt, hängt dabei von der eigenen Strategie ab. Aber keine Sorge, wenn einmal eine Strategie sich nicht wie gewünscht entwickelt, kann man sein Plan jederzeit ändern. Die Nachteile dadurch sind gering und die Vorteile eines Strategiewechsels können spielentscheidend sein.

Ziehen

first rat bildZiehen können wir zu Beginn einer Partie aber nur zwei unserer vier Ratten, was definitiv zu wenig ist. Wir brauchen also mehr. Diese zwei weiteren Ratten warten in der Ratten-Kinderstube darauf, auch auf dem Pfad nach oben zu ziehen. Mehr Ratten, mehr Erträge.

Doch was genau passiert jetzt auf dem Weg nach oben? Wir können auf jedem Feld, auf das wir mit einer oder mehrerer unserer Figuren ziehen, Ressourcen sammeln. Wichtig dabei ist nur, das wir alle Ratten, die wir bewegen, ausschließlich auf ein Feld derselben Farbe ziehen. Dann und nur dann können wir die Ressourcen auch sammeln. Ziehen dürfen wir dazu eine Ratte um bis zu 5 Felder vorwärts. Bewegen wir mehrere Ratten, können wir jede Einzelne um bis zu drei Felder weit ziehen. Je mehr Ratten man bewegt, desto mehr Ressourcen können gesammelt werden. Außerdem ist der Ertrag höher, je weiter man nach oben in Richtung Ziel kommt. Das bringt uns allerdings schon zum ersten Dilemma. Ziehe ich schnell nach oben, bekomme ich zwar viele Punkte am Ziel, sammle aber wenig Ressourcen. Ziehe ich langsam nach oben, habe ich viel Ressourcen. Allerdings dauert es so auch lange um diese vielen Ressourcen zu bekommen.

Käse

Neben den Ressourcen, die für den Raketenbau notwendig sind, kann auch Käse gesammelt werden. Käse ist quasi das Geld in diesem Spiel und Geld kann man immer gebrauchen. Zum einen kann ich mit Geld hilfreiche Aktionsmarker kaufen, die meinen Ertrag temporär erhöhen können, zum anderen kann ich aber auch Käse direkt in Siegpunkte umwandeln, aber dann ist der Käse als Bezahl-Element weg. Zweites Dilemma. Was also tun? Nun, eine gute Lösung wäre es, mit mehreren Ratten nach oben zu ziehen. Mehr Ratten, mehr Ertrag. Um diese zusätzlichen Ratten zu bekommen, müssen auf einem separaten Rundkurs Marker gezogen werden, um weitere Vorteile wie zusätzliche Ratten oder besendere Boni zu erhalten. Bewegt man also seine Ratte auf bestimmte Felder (oder mehrere Ratten), bekommt man im Gegenzug Schritte gutgeschrieben, mit denen der kleine Marker gezogen werden kann und weitere Ratten ins Spiel zu bringen. Aber auch in diesem Fall kommt man weiter nach oben, ohne Ressourcen zu erhalten. Drittes Dilemma.

Ertragsmaximierung

Was also tun? Wir brauchen weitere Ertragsmaximierung. Diese kann man wiederum generieren, indem man den Weg nach oben für sich beleuchtet. Jedes beleuchtete Feld bringt höhere Erträge. Aber auch das Beleuchten und das Bewegen des Beleuchtungsmarkers kostet Schritte mit Ratten. Ein weiteres Dilemma.

Käse sparen

Vielleicht können wir aber auch etwas sparen, sprich weniger Ressourcen ausgeben und dabei Vorteile zu erhalten. Dies geht an wenigen Stellen tatsächlich. Hier kann ich Boni kaufen oder gar einen Bonus nehmen, ohne zu bezahlen! Im letzten Fall muss ich aber meine Ratte wieder zurück an den Start stellen. Fazit dieser Aktion: Bonus bekommen, Käse gespart, aber Ratte zurückgesetzt. Noch so ein Dilemma.

Um dieses Rücksetzen wiederum zu kompensieren, bietet der Spielplan Abkürzungen auf dem Weg nach oben. Um diese zu nutzen, muss man zwar bestimmte Ressourcen abgeben, aber dafür kommt man schneller wieder vorwärts. Logischerweise sammelt man durch Abkürzungen aber wieder weniger Ressourcen. Kein Dilemma, ein Teufelskreis!

Spielende

Das Spiel endet, wenn ein Spieler 8 seiner 10 Wertungssteine auf die verschiedenen Wertungsleisten gesetzt hat. Dann erfolgt die Schlusswertung mithilfe eines Wertungsblocks, damit nichts vergessen wird.

Unsere Erfahrungen und Eindrücke

first rat 2Die verschiedenen Aktionsmöglichkeiten und die damit verbundenen Dilemma-Situationen machen First Rat zu einem kniffeligen Rennspiel. Es bietet die Möglichkeit, ganz locker „aus dem Bauch heraus“ oder sehr taktisch zu spielen. Eine Strategie, mit der ich oftmals recht gut gefahren bin, ist das Sammeln von Käse. Käse lässt sich lukrativ gegen Punkte eintauschen und ist schneller in höherer Anzahl zu bekommen als Bauteile von Raketen. Gepaart mit dem Forcieren der Beleuchtung, hat mir die Käse-Strategie schon ein paar Mal den Sieg gebracht. Allerdings funktioniert dies nur, wenn die Mitspieler sich zu sehr auf Raketenteile fixieren.

Der Spielspaß ist auch nach mehreren Partien ungebrochen, da doch jede Partie anders verläuft. Für den Fall, dass einem der Plan zu statisch wird, bietet die Rückseite des Spielplans einen variablen Aufbau, was neue Herausforderungen bedeutet. Immer getrieben vom Wettkampf mit den Mitspielern, entwickelt sich jedes Mal ein anderes Wettrennen bei zudem noch recht überschaubaren Regeln. Kein Problem also für die Familie oder die entspannte Runde auch mit Wenigspielern.

Euch ist eine Meinung nicht genug?

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Alternativ könnt ihr immer gerne auch auf unserem und auf dem Discord-Server vom Beeple-Netzwerk nach weiteren Meinungen suchen.

© 22.09.2022 Oliver Sack – Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Pegasusspiele / Fotos: © Oliver Sack

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