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SPIEL.digital 2020
Ein erwartungsvoller Vorbericht
Bald ist es wieder soweit. Die SPIEL in Essen öffnet am 22. Oktober 2020 ihre Pforten. Die heiligen Tage der Brettspielszene, sie mögen beginnen. Doch Moment – fällt die SPIEL nicht coronabedingt aus? Ja, nein, nicht ganz! Genau genommen fällt sie gar nicht aus, sondern wurde nur um ein Jahr verschoben. Ein kleiner, aber juristisch feiner Unterschied. Das bedeutet natürlich auch, dass wir noch einige Monate warten müssen, um neue Spiele zu sehen und zu bekommen. Auch das ist, sehr zur Freude der Szene, nicht ganz richtig.
Warum? – Es gibt dieses Jahr eine digitale Form der Messe…. Trommelwirbel …. Nebelmaschine … Blitzlichtgewitter … Die SPIEL.digital … Wow!
Große Dinge werfen ihre Schatten voraus. So war es schon immer, so ist es auch hier. Seit Monaten wird geteasert, werden Appetithäppchen verteilt, wird Stimmung gemacht, für diese neuartige Form der Spiele-Messe. Der Merz-Verlag als Messe-Veranstalter der SPIEL hat sehr viel Schweiß, Arbeit, Geld und Herzblut investiert um die SPIEL.digital auf die Beine zu stellen. Allen voran Dominique und Max Metzler mit ihren Mitarbeitern im Hintergrund.
Grund genug also, bereits an dieser Stelle dafür ein großes Dankeschön zu sagen. DANKESCHÖN!
Das Programm
Aber was erwartet uns auf der SPIEL.digital? (ist „auf der SPIEL.digital“ grammatikalisch überhaupt korrekt? – egal!) Sicher ist, wir werden viele Spiele sehen. Wohl nicht die Menge wie zuletzt auf der SPIEL 2019 (rund 1.500 Neuheiten), aber bestimmt wieder einige. Diese Spiele werden uns, sofern die Server halten, wovon ich ausgehe, in diesem Jahr digital serviert. Wir können uns bei den Verlagen am Bildschirm die Spiele anschauen, uns erklären lassen und, ganz wichtig, auch spielen. Das wichtigste Medium neben der SPIEL.digital Website, wird dafür Tabletopia sein. Hier können wir mit anderen, viele Spiele teils exklusiv, ausprobieren. Darüber hinaus können wir uns via Twitch Erklärrunden anschauen und interaktiv auch Fragen stellen. Live is live, in Farbe und bunt.
Ein weiterer digitaler Vorteil, den wir dank der Spiele-Umsetzungen auf Tabletopia haben, sind die Kapazitäten von Spielen und Tischen. Theoretisch stehen unbegrenzt Tische zur Verfügung um ein und dasselbe Spiel zu spielen. Egal ob Solo, zu zweit oder zu dritt oder zu mehreren. Ein Tisch ist im Gegensatz zu Essen, immer frei.
Das Drumherum
Abgerundet wird das Angebot noch mit einigen Nebenschauplätzen, bei denen es Backgroundinfos, Spiel-Vorstellungen, Ersteindrücke, Interviews mit Verlagen und Autoren sowie Community-Shows geben wird, die allesamt zum mitmachen animieren sollen. Hier sei besonders das Beeple-Messe-Radio vom Bloggernetzwerk Beeple erwähnt (Eigenwerbung darf/muss an dieser Stelle sein). Einschalten lohnt sich, bei über 40 Stunden Programm, alleine von Beeple. Auch das ist eine Herkulesaufgabe die es für die Blogger zu bewältigen gilt! Aber das wird schon.
Wer neben Ton auch bewegte Bilder möchte, für den gibt es einen offiziellen deutschsprachigen Livestream, der von einigen bekannten Szene-Bloggern befeuert wird. (Link zum Trailer)
An dieser Stelle auch der Hinweis, dass viele Inhalte der SPIEL.digital nach dem 25. Oktober, noch bis zum 31. Dezember 2020 abrufbar sein werden. Inhalte Dritter meist sogar noch darüber hinaus.
Live spielen
Digital ist aber nicht alles, es kann auch analog gespielt werden. Durch die Aktion SPIEL.local ist es möglich, an vielen Orten in der Republik die Neuheiten der Messe direkt am Tisch zu spielen. Einziger Knackpunkt: während die Spiele bei Tabletopia digital zur Verfügung stehen werden, kann es sein, dass aus produktionstechnischen Gründen manche Spiele gar nicht oder ganz kurzfristig vor der SPIEL.digital erst fertig werden. – Corona lässt auch hier grüßen – Ob solche Spiele dann noch rechtzeitig bei den lokalen Veranstaltungen eintreffen, bleibt fraglich.
(Am 24.10. findet im Übrigen unser lokales Event in 78713 Schramberg statt.)
Zu Hause spielen
Apropos physische Spiele. Natürlich können bei den Verlagen auf der SPIEL.digital auch Spiele bestellt werden. Diese sollen dann umgehend oder zumindest zeitnah auch versendet werden. Wie es bei Titeln mit Produktionsengpässen aussehen wird, kann ich zumindest nicht sagen, sicher werden die Verlage darauf aber entsprechend hinweisen. So steht dem Spielspaß am heimischen Spieltisch, nach der Messe, nichts im Wege. Positiver Nebeneffekt der digitalen Messe: das gesparte Reise- und Hotelbudget kann vollumfänglich in Spiele investiert werden, auch wenn euer Paketbote dafür mehr schleppen muss als sonst. Auch ihnen wollen wir an dieser Stelle schon mal dafür danken.
(Funfact: in dem Moment, in dem ich diese Zeilen schrieb, klingelte es an der Tür und DHL brachte mir Pakete von Amigo und Pegasus … läuft …)
Was fehlt uns allen
Bei all dem digitalen Ersatzprogramm werden Dinge auf der Strecke bleiben, die sich eben nicht digital umsetzen lassen. Optische, akustische und olfaktorische Eindrücke zum Beispiel. Konkret, mir fehlen heute schon die persönlichen Kontakte, die Gespräche an den Ständen der Verlage, der Small Talk mit Autoren, Kollegen und Freunden. Das Auge in Auge kann durch nichts ersetzt werden und ich werde es, wie so viele, vermissen. So auch das Bild voller Tische mit spielenden Besuchern, die Öffnung der Türen morgens um 9:50 Uhr, die noch junge Tradition des beliebten Brettspiel-Cake.
Nicht vermissen werde ich hingegen die Schlangen vor den Toiletten, die Geruchsvergewaltigung in der Galleria und die Ausgaben für mein Hotel. Auch wenn mir die Hoteliers dieses Jahr generell echt leid tun.
Was ich vermissen werde
Es sind zudem auch eingespielte und traditionelle Rituale, die ich vermissen werde dieses Jahr. Kein lecker Chilli-Schoko-Liquer aus Waffel-Schoko-Becher in Halle 3 zwischen Kosmos, Asmodee, Repos und Mattel, mitten auf der Kreuzung, allen im Weg stehend. Keine Trophäenschau der Spiele und Goodies, die jeder dabei hat und gerne zeigt. Keine Zwiebelsuppe, abends im „Ampütte“ auf der Fressmeile Rüttenscheider Straße, mit anschließender Schnaps-Verkostung. Kein gemeinsames Schlendern über die Neuheiten-Show mit Michael vom #Aufstehrätsel auf Twitter. Das alles lässt sich digital nicht wirklich ersetzen.
(Frage: wie macht man einen wehmütigen Smiley?)
An dieser Stelle herzliche Grüße nach Luxemburg und Oldenburg.
Bleibt also bei all der Wehmut nur noch Eines. Lassen wir uns von der SPIEL.digital überraschen. Erhalten wir uns dabei die Vorfreude auf die SPIEL’21, wenn wir uns alle, hoffentlich gesund, wieder in Essen sehen werden. Ob und in welcher Form ein Teil der SPIEL auch zukünftig digital sein wird, ist ungewiss. Gänzlich verschwinden wird ein digitales Angebot sicher nicht. Auch wenn es nur ergänzend sein wird.
In diesem Sinne, traut euch, schaltet ein und macht mit, wenn die SPIEL.digital am 22. Oktober ihre virtuellen Pforten öffnet. Schickt mir eure Eindrücke, Erfahrungen, Spiele-Entdeckungen, damit ich nach der SPIEL.digital auch noch was zu schreiben hab. Oder schreibt hier unten in die Kommentare. Dafür schon mal Danke – und wir sehen uns spätestens 2021 in Essen. Versprochen!
(c) 26.9.2020 – Oliver Sack, SPIELEVATER