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Wer kennt ihn nicht, den Geisterpirat LeChuck und den legendären Guybrush Threepwood, der unbedingt Pirat werden wollte? Ich rede vom Point-and-Klick-Adventure „The Secret of Monkey Island“, welches von LucasArts für PC, Amiga & Co. 1990 veröffentlicht wurde. Genau dieses Point-and-Klick-Spielprinzip kommt jetzt auf den Spieltisch. Und zwar als kooperatives, kartenbasierendes Kennerspiel. Michael Palm und Lukas Zach entführen uns dabei auf eine abenteuerliche Reise, die mit einem Schiffbruch beginnt und hoffentlich ein Happy-End haben wird. Letzteres liegt aber in Händen der Spieler. Wir sind als Team, gemeinsam für unser Schicksal verantwortlich. Oder wie die Kannibalen auf „Monkey Island“ sagen würden: „ederjo stit einesso lückesgu chmiedse“.
Allerdings war „Monkey Island“ weder Vorlage noch Inspiration zu „Adventure Island“, obwohl der PC-Klassiker bekannt sei, so Autor Michael Palm. Auch wurde der besondere Humor von „Monkey Island“ nicht aufgegriffen.
Eckdaten
Name: Adventure Island
Für 2 bis 5 Spieler, ab 10 Jahren
Autoren: Michael Palm, Lukas Zach
Grafik: Lea Fröhlich, Lisa Lenz
Verlag: Pegasus Spiele
Spieldauer: 30-90 Minuten, pro Abenteuer
Platzbedarf: ca. 80x100cm zu viert
Verlagstext
Es hätte so schön sein können! Eine traumhafte, entspannte Reise auf einem luxuriösen Schiff… Doch leider wurde selbiges auf dem Weg nach Indien von einem Sturm erfasst und ist gesunken. Mit letzter Kraft konnten die Überlebenden sich an den Strand einer nahegelegenen Insel retten. Wie durch ein Wunder sind alle unverletzt, dafür aber erschöpft und mutlos. Wie sollen sie von dieser unbekannten, einsamen Insel entkommen? Oder vielleicht sind sie auf dieser Insel gar nicht so einsam…? Als eine Gruppe von Gestrandeten müssen die Spieler überleben, Adventure Island erkunden und einen Weg nach Hause finden.
Quelle: www.pegasus.de
Das Spiel
Um nicht zu viel zu verraten, versuche ich im Folgenden, mich nur auf grundsätzliches und das erste Abenteuer zu beziehen. Das Ganze dann auch eher pauschal und auf die folgenden Abenteuer möchte ich gleich gar nicht eingehen. Es gibt hier wirklich viel zu entdecken und es gibt viele Wege zum Ziel. Entdecken müsst ihr das jedoch alles selbst. Nur so viel: Im ersten Abenteuer müssen die Protagonisten Feuer machen und einen Unterschlupf suchen. Darüber hinaus gilt es, wie in allen folgenden Abenteuern später auch, sich und die Gruppe zu ernähren.
Aufbau
Zu Beginn eines Abenteuers wählt jeder Spieler einen Charakter und das dazu gehörige Charaktertableau. Alle Charaktere verfügen über eine individuelle Fähigkeit und über Talente in Wissen, Geschick und Kraft mit jeweils unterschiedlicher Wertigkeit. Diese Wertigkeiten geben an, mit wie vielen Würfeln später die Würfelproben absolviert werden.
In der Tischmitte werden die Karten des entsprechenden Abenteuers offen ausgelegt. Weitere Karten des Abenteuers, Ortskarten, Treibgutkarten, Unheilkarten oder später auch weiteren Karten(-Sets), werden verdeckt ebenfalls bereit gelegt. Welche Karten das genau sind, gibt die jeweilige Einleitung in ein Abenteuer vor. Dank der nummerierten Karten ist der Aufbau recht einfach. Abschließend werden die Würfel bereitgelegt und das war schon der gesamte Aufbau. Es kann direkt losgehen.
Das Ziel des Abenteuers und die ausliegenden Karten geben vor, was wir zu tun haben. Wie wir das tun oder welchen Weg wir dazu beschreiten müssen, wird alles im Team besprochen und durchgeführt. Es gibt keine feste Spielerreihenfolge.
Spielzug
Ist ein Spieler an der Reihe, stellt er seine Spielfigur zu einem der ausliegenden Orte (Karten) und führt die dort angegebene Aktion durch. Im Anschluss daran kann er zu einem weiteren Ort ziehen und führt seine zweite Aktion durch. Viele Aktionen beinhalten eine Würfelprobe, bei der eine vom Charaktertableau vorgegebene Anzahl an Würfel geworfen wird. Das Würfelergebnis, dass für Erfolg oder Misserfolg steht, wird von der jeweiligen Karte vorgegeben. Es gibt aber auch Aktionen, die ohne zu würfeln neue Karten ins Spiel bringen. Dies können mehr oder weniger nützliche Gegenstände, neue Orte oder Ereignisse sein. Errungenschaften (Meilensteine) schalten zudem noch permanente Boni für das restliche Spiel frei.
Hat jeder Spieler seine beiden Aktionen gemacht, kehrt langsam Ruhe ein ins Abenteurer-Team. Es wird Nacht. Jetzt wird die (hoffentlich) zur Verfügung stehende Nahrung verteilt und jeder Spieler deckt eine Unheilkarte auf. Das Unheil tritt sofort in Kraft und die Auswirkungen betreffen entweder einen oder alle. Erst dann kehrt endgültig Ruhe ein und die nächste Runde, der nächste Tag, beginnt.
Spielende
Eine Partie, also ein Abenteuer, gilt als beendet, wenn entweder das Ziel erreicht wurde, ein Charakter stirbt oder die Zeit (=Spielrunden) nicht ausgereicht hat.
kurz
„Adventure Island“ erzählt eine zusammenhängende Geschichte aus mehreren Teilen. Die Story dabei: Wir erleiden Schiffbruch und stranden auf einer unbekannten Insel. Die Spieler müssen zusammen arbeiten, um zu überleben. Ihre Entscheidungen beeinflussen den Verlauf der Geschichte und welche neuen Elemente dem Spiel hinzugefügt werden.
Unsere Eindrücke
„Adventure Island“ haben wir erstmalig beim Pegasus Pressetag 2018 gespielt. Zusammen mit Andreas von Cliquenabend, Matthias von den Bretterwissern und Benjamin von Brettspielblog.net. Danach waren wir uns direkt einig. „Adventure Island“ war zweifelsfrei das Highlight beim Pressetag.
Diese ersten Eindrücke haben sich in weiteren Partien dann gefestigt. Immer wieder war es auf’s Neue spannend, obwohl man weiß was zu tun ist, weil man es schon einmal gespielt hat. Gerade bei uns, wenn wir das Spiel immer wieder mit anderen Mitspielern spielen, fiel dies auf. Den Reiz hat es dabei aber bis heute nicht verloren. Wir haben ja auch unsere Stamm-Gruppe, mit der wir nicht immer nur die ersten beiden Szenarien spielen können. Außerdem ist der Reiz da, einen anderen Weg zu beschreiten um zu schauen, was passiert.
Am meisten hat uns bei „Adventure Island“ beeindruckt, wie thematisch alles ist. Die (Spiel-)Zeit verging immer wie im Flug und man hatte wirklich das Gefühl, mehr oder weniger hautnah dabei zu sein. Ja, es gab sogar eine Partie, von der ich nachts träumte! So intensiv war eine unserer Runden. Man macht also nicht nur irgendwelche Aktionen, die einem das Spielertableau ermöglichen, nein, man selbst trifft Entscheidungen und nutzt „seine“ Fähigkeiten zum Wohle der Gruppe. Hier wird also nicht ein Spiel gespielt, sondern man ist selbst Teil des Spiels. Eine Erfahrung die man nur selten bei einem Spiel machen kann. Und das gefällt uns eben an „Adventure Island“ richtig gut.
Mit wem?
Allerdings funktioniert „Adventure Island“ nur, wenn man als Gruppe, als Team, gut zusammen arbeiten kann. Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Einzelgänger und Alphaspieler die sich der Gruppe widersetzen, haben keine Chance.
Je nach Anzahl der Mitspieler haben wir versucht, von Beginn an Aufgaben zu verteilen. Wer zum Beispiel eine individuelle Fähigkeit hat bei der Nahrungssuche, sollte nicht unbedingt permanent nach Holz oder Treibgut suchen.
Aufgefallen
Etwas gewöhnungsbedürftig war, dass man Errungenschaften, Gegenstände oder Orte, die man in einem Szenario erreicht hat, nicht automatisch mitnehmen kann ins nächste Abenteuer. Klar, hat man das Ziel nicht erreicht und möchte von vorne beginnen, startet man bei Null. OK. Aber war man erfolgreich, ist es schwer nachzuvollziehen, dass man im folgenden Szenario gewisse Gegenstände oder ähnliches wieder erneut „beschaffen“ soll. Allerdings kann man auf gesammelte Erfahrungen zurückgreifen, was besonders bei der Wiederholung eines Szenarios sehr hilfreich war. Man wird bei einer Wiederholung aber auch neugierig und versucht einen anderen, vielleicht sogar besseren Weg zu finden.
Aber ...
…einen, wenn auch kleinen Haken hat das Spiel. Die Würfel. Bleibt das Würfelglück aus, wird sich eine Gruppe immer schwer tun, das Ziel eines Szenarios zu erreichen. Da bleibt dann nur „better luck next time.“, denn jedes Szenario kann problemlos wiederholt werden.
Was stört
Bei den Spielregeln hätten wir uns anfangs etwas mehr Erklärungen gewünscht. Es war doch vieles unklar und nicht jeder hat Kontakt zu Autoren und Verlag um mal eben schnell nachzufragen. Zwischenzeitlich hat Pegasus auf seiner Website einen kleinen Leitfaden veröffentlicht, der einige Unklarheiten komplett ausräumt. Ein Karten-Glossar soll folgen.
Rücksetzen und Quereinstieg
Leider ist es nur mit sehr großem Aufwand möglich, ein „Reset“ zu machen um mit einer anderen Spielgruppe wieder bei Abenteuer 1 zu beginnen. Noch komplizierter (da nicht vorgesehen) ist es, mit einem zurückgesetzten Spiel in einem höheren Abenteuer einzusteigen (Quereinstieg), da es keine Übersicht gibt, welche Karten dazu aussortiert (ins Archiv gelegt) werden.
Am einfachsten ist es, den Quereinstieg bei Abenteuer 2 zu wagen, denn es gibt nur eine Endkarte bei Abenteuer 1 und somit ist genau definiert, welche Karten nach Abenteuer 1 archiviert werden. Ab Abenteuer 2 gibt es unterschiedliche Endkarten und je nach Endkarte auch unterschiedliche Karten die archiviert werden. Somit ist es fast nicht möglich, in einem höheren Abenteuer einzusteigen. Es gibt jedoch eine Möglichkeit die wir genutzt haben. Wir notierten uns die Namen der Mitspieler und die Nummer der erreichten Endkarte in einem Abenteuer. So konnten wir mit derselben Gruppe auch bei einem zurückgesetzten Spiel wieder in einem höheren Level einsteigen.
Fazit
Auch wenn „Adventure Island“ nicht den Humor von „Monkey Island“ hat, im Gegenteil, es ist sogar wesentlich ernster, so ist es doch ein sehr gelungenes, thematisches und sehr unterhaltsames Spiel.
Es gibt sehr viel zu entdecken, selbst wenn man ein Szenario wiederholt spielt. Und alles funktioniert ohne das Zerstören von Komponenten.
Wir würden uns freuen wenn dieses Spielprinzip oder auch direkt „Adventure Island“ in eine weitere Runde gehen würde.
© 03.03.19 Oliver Sack
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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge © Pegasus / Fotos: Oliver Sack
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