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von Oliver
Legespiele gehen immer! Ja, dieses Genre erfreut sich immer noch großer Beliebtheit. Besonders bei Gelegenheitsspielern und Wenigspielern liegen sie hoch im Kurs. Meist haben die Legespiele recht einfache Regeln und die Spieldauer ist überschaubar. Na ja, solange man nicht Carcassonne mit allen Erweiterungen spielt. Bleiben wir mal in Frankreich und reisen von Carcassonne rund 200 km in Richtung Osten. Hier am Mittelmeer, am Rhône-Delta liegt die Camargue. Bekannt ist die Region durch ihre Camargue-Pferde und die reiche Wasservogelwelt. Jetzt ist die Camargue auch namensgebend für ein Legespiel aus dem Hause Abacusspiele, mit einer wunderschönen Covergrafik von Michael Menzel.
Name: Camargue
Genre: Plättchen Legespiel
Für 2-6 Personen, ab 8 Jahren
Autor: Timo Diegel
Illustration: Michael Menzel
Verlag: Abacusspiele
Spieldauer: ca 45-60 Minuten
Platzbedarf: ca. 80x80cm
Verlagstext
Gemeinsam erschafft ihr die wunderschöne Region „Camargue“, die für ihre einzigartige Landschaftsvielfalt und artenreiche Tierwelt bekannt ist. Plättchen für Plättchen baut ihr die farbenfrohe Landschaft auf. Je größer die Fläche ist, die du mit deinem Plättchen erweiterst, desto mehr Punkte bekommst du. Wer dann noch anderen eine hilfreiche Unterstützung schickt, wird reichlich belohnt.
Quelle: https://www.abacusspiele.de/, September 2024
Das Spiel
Zu Beginn ziehen wir drei Plättchen. Das ist unsere Starthand. Reihum spielen wir Plättchen aus und legen diese an. Am Ende des Zuges ziehen wir wieder auf drei Plättchen nach. Es gibt fünf verschiedene Landschaftsplättchen mit Straßen, dazu noch „Helferplättchen“. Angelegt werden kann ein Plättchen, unabhängig von der Landschaftsart, immer vorausgesetzt die Straße passt. Mehr Legeregeln gibt es eigentlich nicht.
Der Clou ist die Wertung. Nach jedem korrekt gelegten Plättchen wird gewertet. Dazu multiplizieren wir die Anzahl gleicher Landschaftsplättchen von der Landschaftsart, die angelegt wurde (Gebiet) mit der Anzahl Kanten, die beim Anlegen angrenzen (max. 4).
Zugegeben, das wirkt anfangs etwas lästig, da permanent gerechnet und gewertet wird. Aber der Eindruck täuscht. Man gewöhnt sich schnell daran und außerdem hält der Ausflug ins kleine Einmaleins auch geistig fit. Die Punkte, die man erhält, werden auf einem persönlichen Punktetableau festgehalten.
Eine weitere Art, Punkte zu erhalten, sind die „Helferplättchen“. Diese können einfach abgeworfen werden, was 10 Punkte einbringt. Dies ist gerade in der Anfangsphase häufig der Fall, wenn man mehrere Helferplättchen auf der Hand hat. Später werden diese Helferplättchen aber richtig wertvoll. Kann eine Mitspielerin eine hohe Wertung, das können durchaus mal 50 Punkte und mehr sein, auslösen, dann kann man durch das Ausspielen ein zur gewerteten Landschaft passendes Helferplättchen abwerfen und bekommt ebenfalls die volle Punktzahl der eben ausgelösten Wertung. Das kann richtig fies sein, bringt einem aber auch einfache Punkte.
Sind alle Plättchen gespielt, wird abgerechnet. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.
Unsere Erfahrungen und Eindrücke
Camargue gefällt uns richtig gut als Legespiel für zwischendurch, auch wenn es selten bei nur einer Partie bleibt – meistens spielen wir gleich 2-3 Runden hintereinander. Der scheinbar einfache Lege- und Wertungsmechanismus wird oft unterschätzt. Man muss gut überlegen, wo man anlegt, um den Mitspielenden keine Chance auf eine hohe Wertung mit 3x oder 4x Multiplikator zu bieten. Es sei denn, man hat das passende Helferplättchen, dann kann man clever punkten und später erneut anlegen, um eine weitere hohe Wertung abzustauben.
Es kann aber auch taktisch klug sein, destruktiv zu spielen. Im richtigen Moment ein Gebietsausbau verhindern, wenn man selbst zu diesem Zeitpunkt dort weder anlegen noch Punkte abstauben kann. Diese taktischen Möglichkeiten sind gerade im Spiel zu zweit sehr stark. Bei mehr Mitspielenden verwässert sich diese Taktik etwas, denn es dauert, bis man selbst wieder an der Reihe ist und je mehr Personen mitspielen, desto größer ist die Veränderung an der Auslage, bevor man selbst wieder am Zug ist. Klar, dadurch können sich auch lukrative Konstellationen bilden, aber die sind eben nicht so gut planbar. Strategischer spielt sich Camargue auf jeden Fall zu zweit.
In den ersten paar Partien spielt man Camargue noch sehr harmonisch. Da wird versucht, möglichst große Gebiete einer Landschaftsart zu bilden und möglichst immer passend anzulegen. Obwohl lediglich Straßen fortgeführt werden müssen beim Anlegen, wird immer brav die Landschaft auch passend angelegt. Dadurch bekommt jeder einmal Punkte.
Schnell wird einem klar, dass nur derjenige eine hohe Punktzahl bekommt, der spät an ein Gebiet anlegt. Entsprechend versucht man dann, genau dies zu verhindern, indem man die Gebiete klein hält und auch mal durch Anlegen einer unpassenden Landschaft den weiteren Ausbau dort sabotiert. Ab jetzt wird richtig konfrontativ gespielt. Schließlich will man ungern Punkte verschenken.
Hohe Wertungen werden jetzt seltener und die Helferplättchen gewinnen weiter an Bedeutung. Meist kommen jetzt hohe Wertungen mit Faktor 4x nur noch dann, wenn Mitspielende etwas übersehen oder „verschlafen“. Das wird besonders dann bitter, wenn man kein passendes Helferplättchen hat, um damit seinen Fehler auszumerzen.
Wir haben bislang Camargue meist zu zweit gespielt. Selten blieb es bei einer Partie. Die Revanche war stets vorprogrammiert. Dabei haben auch wir uns gesteigert und die kleinen taktischen Möglichkeiten immer weiter verfeinert. Dennoch sind die Ergebnisse am Ende meist knapp gewesen.
Fazit
Camargue ist ein Familienspiel! Wer taktische Tiefe, komplexe Entscheidungen und Mechanismen sucht, der wird enttäuscht sein. Das Spiel verfolgt eine klare Linie mit bekannten Mechanismen und einfachen Regeln ohne viel Tamtam. Aber Camargue überzeugt als kurzweiliges Legespiel, das besonders zu zweit seine taktischen Stärken entfaltet. Die Balance zwischen Gebietsausbau und cleverer Sabotage sorgt für spannende Runden, in denen man ständig abwägen muss, wie man den Mitspielenden Punkte verwehrt. Einzig das Tableau zum Zählen der Punkte machte manch Mitspielenden Probleme. Sie taten sich schwer, die Punktemarker in den 100er-, 10er- und 1er-Reihen richtig zu platzieren. Aber auch das ist Übungssache, ich finde das Zähltableau praktisch und sehr intuitiv. Schließlich funktioniert das System in der Mathematik schon seit Jahrhunderten.
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Alternativ könnt ihr immer gerne auch auf unserem und auf dem Discord-Server vom Beeple-Netzwerk nach weiteren Meinungen suchen.
© 31.10.2024 Oliver Sack – Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Abacusspiele / Fotos: © Oliver Sack
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