e-mission titel

Lesezeit: 12 Minuten

von Oliver

Klimawandel – Dieses Wort ist allgegenwärtig und alles, was dahinter steckt, ist nicht zu leugnen, auch wenn es in unserer Gesellschaft „besondere Individuen“ gibt, die es immer noch nicht verstanden haben. Auch vor uns Brettspielern macht der Klimawandel nicht Halt. Die Themen Klima-, Umwelt- und Ressourcenschonung spielen bei der Produktion von Brettspielen eine immer größere Rolle. Dass der Klimawandel jetzt auch in Spielen selbst thematisiert wird, ist daher weniger überraschend, aber auch sehr sinnvoll. Klar mögen wir im Spiel lieber die heile Welt, aber manchmal ist es notwendig, unseren Blick auf Dinge zu ändern und unser Bewusstsein für bestimmte Themen zu schärfen. Wenn dabei dann noch ein Spiel entsteht, das neben dem kritischen Thema auch noch eine gute Umsetzung dessen mit sich bringt, dann wird’s innovativ und preiswürdig. Und genau so ein Spiel haben wir jetzt mit e-Mission bekommen – nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2024.

e-mission box

Name: e-Mission (Original: Daybraek, 2023)

Für 1 bis 4 Personen, ab 10 Jahren

Autoren: Matt Leacock, Matteo Menapace

Grafik: Kristen Leach

Verlag: Schmidtspiele

Spieldauer: 60-120 Minuten

Platzbedarf: hoch! Zu viert ca. 90 x 120 cm

Verlagstext

Bei diesem kooperativen Kennerspiel schlüpfen die Spieler in die Rolle von Großnationen und versuchen gemeinsam das große Ziel zu schaffen: Die weltweiten Emissionen auf Null zu reduzieren, um damit die Erderwärmung zu stoppen! Ein hochaktuelles Thema, brillant umgesetzt mit einem eingängigen Kartenmechanismus und sehr starkem Bezug zur Realität. Das Spiel wird ganz ohne Kunststoff und CO2-Neutral in Deutschland produziert.

Quelle. Schmidtspiele.de

Über e-Mission

e-mission szeneUnsere Aufgabe ist klar. Rettet die Menschheit bekämpft den Klimawandel. Dazu haben wir nur 6 Runden Zeit. & Runden, in denen wir gemeinsam an Klimaprojekten arbeiten, CO2-Emissionen senken und Krisen bewältigen müssen. 6 Runden – das ist nicht viel!

Jeder Mitspielende repräsentiert eine Klimasünder Region (Europa, USA, China, Globaler Süden). Jede dieser Regionen produziert schmutzige Energie und hat einen entsprechend der Bevölkerungsdichte von Runde zu Runde steigenden Energiebedarf. Dies gilt es in den Griff zu bekommen. Schmutzige Energie und damit CO2 abzubauen und grüne Energie zu fördern.

Wie viel schmutzige Energie, grüne Energie und CO2 Emissionen wir erzeugen, halten wir auf unserem Spielertableau fest. Auf dem zentralen Spielplan sehen wir unter anderem, wie viel CO2 wir gemeinsam binden können und unser Spielziel wird sofort klar. Wir produzieren deutlich mehr CO2, als wir binden können. Das führt zur Klimaerwärmung – zwangsläufig! Wir starten das Spiel also quasi mit einer Niederlage. Dass wir gleichzeitig noch mit drei globalen Krisen ins Rennen gehen, von denen wir aber nur eine kennen, um uns darauf vorbereiten zu können, macht die Sache auch nicht besser. Einziger Lichtblick sind globale Klimaprojekte, mit denen wir unsere Situation etwas (eher minimal) verbessern können.

Klingt alles aussichtslos? Nein, nicht ganz. Wie im echten Leben gibt es Mittel und Wege, das „Spiel“ zu gewinnen. Aber das schaffen wir eben nur gemeinsam.

Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: erstens durch nachdenken, das ist der edelste, zweitens durch nachahmen, das ist der leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.
Konfuzius

Spielablauf im Überblick

e-mission globale phaseGlobale Phase

Zu Beginn einer Runde werden mindestens drei Karten vom Krisenstapel aufgedeckt. Diese Krisen müssen wir am Ende der Runde abhandeln und überstehen. Eine der Krisenkarten wird aufgedeckt, die restlichen verdeckt neben den Spielplan gelegt. Wir können uns also zumindest auf diese eine Krise vorbereiten, soweit möglich.

Anschließend starten wir gemeinsam ein „globales Projekt“. Dazu ziehen wir vom entsprechenden Kartenstapel zwei Karten, die uns Vorteile im Spiel bringen, und entscheiden uns für eine der beiden Karten, deren Vorteil wir entsprechend der angegebenen Voraussetzungen jederzeit nutzen können.

Projektphase

In dieser Phase zieht jeder Person fünf Projektkarten und spielt diese in ihre eigene Auslage (Spielertableau). So können in fünf Reihen (Projektreihen) die gezogenen mit den bereits liegenden Karten kombiniert werden. Dadurch können Emissionen gesenkt, saubere Energie erzeugt, weitere Karten gezogen oder die Bereiche Infrastruktur, Natur, Gesellschaft gestärkt werden. Letztere Bereiche können später helfen, Krisen zu bewältigen. In dieser Phase ist es auch möglich, Mitspielenden zu helfen oder ihnen Karten oder saubere Energie zu übergeben. Am wichtigsten ist in dieser Phase jedoch die Absprache untereinander, auch wenn alle auf ihrem eigenen Tableau Aktionen ausführen.

Emissionsphase

Wir schauen auf unseren Tableaus, wie viel CO2 wir erzeugen. All das erzeugte CO2 versuchen wir anschließend zu binden. Gelingt uns dies, haben wir den Wendepunkt erreicht und können das Spiel gewinnen. Können wir nicht das gesamt erzeugte CO2 binden, wandert der Rest auf das Thermometer und erzeugt dort dann die Klimaerwärmung, was zusätzliche Probleme in Form von Krisen auslöst.

Krisenphase

e-mission krisenJetzt rächt sich die Natur! Alles ist abhängig von der Anzahl an Temperaturplättchen, die wir bereits auslegen mussten. Je mehr Temperaturplättchen, desto größer ist die globale Erwärmung und desto häufiger müssen wir den Krisenwürfel werfen, der direkte Auswirkungen auf dem Spielplan hervorruft. Noch mehr Probleme, noch mehr Anstrengungen sind nötig. Auch die Anzahl der ausliegenden Krisenkarten, welche nun ausgewertet werden, hängt von der Anzahl Temperaturplättchen ab. Es kann durchaus sein, dass nun zusätzlich zu den bereits ausliegenden Krisenkarten weitere Krisenkarten ins Spiel kommen, die jetzt der Reihe nach aufgedeckt und abgearbeitet werden. Dabei erklären sich die Karten durch ihre Texte von selbst. Meist werden wir für unser Handeln jetzt bestraft. Wir können Karten verlieren, CO2 Speicher verlieren oder Notstandsplättchen erhalten. Letztere beeinflussen auch die Anzahl Karten, die wir zu Beginn einer Runde ziehen dürfen.

Wachstumsphase

Die letzte Phase ist die einfachste Phase im Spiel. Wir prüfen, ob wir gewonnen haben. Das ist der Fall, wenn es uns gelungen ist, all unsere CO2-Emissionen zu binden und alle Krisen überwunden haben. Ist dies nicht der Fall, erhöhen wir unseren Energiebedarf und starten erneut mit der globalen Phase.

So gewinnen wir

Gewinnen ist eigentlich ganz einfach: Gelingt es uns all unser produziertes CO2 zu binden, haben wir den Wendepunkt erreicht. Wenn wir jetzt noch die abschließende Krisenphase überstehen, haben wir gewonnen.

So verlieren wir

Es gibt drei Situationen, in denen das Spiel sofort beendet wird. Alle Temperaturplättchen sind gelegt. Eine Person hat mehr als 12 Notstandsplättchen auf ihrem Tableau. Die sechste und letzte Runde ist gespielt, ohne den Wendepunkt erreicht zu haben.

Unsere Erfahrungen und Eindrücke

e-Mission war bei uns von Beginn an fordernd. Die Spielregeln sind relativ überschaubar und schnell verstanden. Die Funktionen der einzelnen Karten sind dank guter Kartentexte und eingehender Symbolik auch nicht sonderlich kompliziert. Waren dennoch kleine Unklarheiten in den Kartentexten, konnte der QR-Code helfen. Ein QR-Code ist auf jeder einzelnen Karte und bietet neben interessanten Hintergrundinformationen auch zusätzliche Regelerläuterungen.

Zugegeben, am Anfang sieht alles sehr kompliziert aus, was auch durch die „komische“ grafische Gestaltung unterstütz wird. Ja, über die grafische Gestaltung kann man geteilter Meinung sein. Mir gefällt sie nicht. Dies tut aber dem Spielerlebnis absolut keinen Abbruch.

Relativ schnell kommt man in eine Partie rein und erkennt auch sehr schnell das Problem. Was dann folgt, ist lernen. Von Partie zu Partie steigert man sich und kommt dem Ziel näher. Das die ersten Partien meist sehr knapp verloren werden, hat man immer den möglichen Erfolg im Blick und das Gefühl, dass es klappen kann und muss. Dies trägt auch wesentlich zum Wiederspielreiz bei, obwohl man in der allerersten Partie einen Sieg für unmöglich erachtet.

Was ebenfalls mit der Zeit nachlässt, ist das Gefühl, alles sei zu stark vom Kartenglück abhängig. Ja und Nein. Zu einem gewissen Teil ist das Glück bei den Krisenkarten und den Handkarten wirklich ein Faktor, aber alles hängt viel mehr an der Strategie und dem Beobachten. Man sollte nicht den Fehler machen, sich auf sein eigenes Tableau zu fixieren. Absprache und Planung zu Beginn einer Runde ist wichtig. Ebenso die gegenseitige Hilfe und Unterstützung während der Projektphase, sofern die gespielten Karten dies zulassen. Es ist vollkommen OK, wenn man selbst keine CO2-Schleudern abbauen kann, solange dies andere tun und man selbst im Gegenzug dafür sorgt, dass mehr CO2 Speicher ins Spiel kommen oder Notstandsplättchen anderer Spieler abgebaut werden können. Natürlich ist es immer gut, wenn alle alles tun, also CO2 reduzieren, CO2 Speichermöglichkeiten schaffen und grüne Energie zu produzieren. Denn so kommt man einem erfolgt schnell näher.

Apropos Erfolg. Hat man e-Mission ein paar Mal gespielt und sich die Spielgruppe auf das Spiel eingegroovt, ist es möglich, das Spiel bereits in der vierten Runde erfolgreich zu beenden. Einmal ist es uns bislang sogar gelungen, nach nur drei Runden die Welt zu retten. Essenziell ist aber immer die Kommunikation und die Bereitschaft, die eigene Kartenauslage zu modifizieren.

Es wird nicht funktionieren, die eigene Auslage so zu verwenden, wie sie zu Spielbeginn ausliegt. Es reicht nicht, Karten abzugeben, um einzelne kleine und schwache Aktionen durchzuführen. Man muss seine Kartenauslage managen und in Bewegung halten. Abwägen, welche Reihe ergänzt und so verstärkt wird in den möglichen Aktionen und welche Reihe man modifiziert, um mehrere Aktionen hintereinander in dieser Reihe zu haben. Aktion ausführen, Karte überbauen, noch eine Aktion ausführen, eventuell Karten nachziehen, um weitere Aktionen in einer einzigen der fünf Projektreihen ausführen zu dürfen. Gelingt die in zwei oder drei Projektreihen, können die verbleibenden Projektreihen verstärkt und ausgeführt werden.

Dies alles erfordert jedoch Erfahrung. Zu Beginn tut man sich da eher schwer. Zu groß sind der Glaube und die Verlockung, man müsse mit den Startkarten auskommen und nur mit diesen ist ein Erfolg möglich. Ein fataler Fehler, der einem erst so richtig bewusst wird, wenn man mit Neueinsteigern e-Mission spielt. Man selbst merkt gar nicht mehr, wie oft man Bewegung in seine Projekte bringt, um noch eine grüne Energie zu ergattern, noch einen CO2-Sünder zu verbannen oder sich auf kommende Krisen vorzubereiten. Selbst auf das mögliche Ergebnis und die daraus resultierenden Konsequenzen des Klimawürfels können so abgeschwächt oder vermieden werden.

„Es wird immer wieder die Frage gestellt, inwieweit chaotische Systeme wie das Klima auf menschliche Einflüsse reagieren und ob sie überhaupt berechnet werden können. Am besten vergleicht man den Einfluss des Menschen auf das Klima mit einem gezinkten Würfel.“
Mojib Latif, Klimaforscher (2007)

Der Spielreiz bei e-Mission

Wo genau jetzt der Reiz liegt, kann ich nicht so richtig in Worte fassen. Es fühlt sich als Spiel einfach gut an. e-Mission hat dieses gewisse Etwas, diese Herausforderung und das knappe Scheitern oder den knappen Sieg. Da jede Partie durch die vielen Karten anders läuft, hat man immer neue Herausforderungen. Dazu noch der variable Spielaufbau, zusätzliche Karten zur Erleichterung oder Verschärfung des Spiels halten den Reiz, weitere Partien zu spielen, immer hoch. Dies hat bei uns sogar schon an einem verregneten Sonntag zu fünf Partien in Folge geführt (zwei Niederlagen, drei Siege). Dies gibt es bei Kennerspielen sonst eher selten. Bisher haben wir die Lust an e-Mission nicht verloren.

Fazit

Insgesamt ist e-Mission ein empfehlenswertes Spiel für alle, die Spaß am kooperativen Spielen haben und gleichzeitig etwas über den Klimawandel und den Umweltschutz lernen wollen. e-Mission bietet eine Mischung aus Spielspaß und Klimasensibilisierung und überzeugt durch seine strategische Tiefe, Abwechslung und Wiederspielreiz bei gleichzeitig vergleichsweise einfachem Einstieg.

Im Spiel e-Mission haben wir verstanden, dass es nur gemeinsam zu schaffen ist, den Klimawandel und die damit verbundene Erderwärmung trotz aller Krisen zu bekämpfen. Nur so können wir gewinnen.

Jetzt frage ich mich: Wann versteht es der Rest der Welt im realen Leben?

Euch ist eine Meinung nicht genug?

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Schaut doch mal bei den lieben Kollegen vom Beeple-Netzwerk nach. Vielleicht findet ihr unter www.beeple.de noch die eine oder andere Meinung zu diesem Spiel.

Alternativ könnt ihr immer gerne auch auf unserem und auf dem Discord-Server vom Beeple-Netzwerk nach weiteren Meinungen suchen.

© 11.07.2024 Oliver Sack – Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Schmidtspiele / Fotos: © Oliver Sack

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Der Einfachheit halber, verwende ich meist die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“


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