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„Zum 20-jährigen Jubiläum der Marke „Alea“ aus dem Hause Ravensburger erscheint mit Las Vegas Royal das Spiel im neuen, edlen Design und mit neuer Ausstattung.“
Was Ravensburger mit diesen Worten auf der Spielwarenmesse 2019 in Nürnberg ankündigte, macht mehr als neugierig. Verbindet man die Marke „Alea“ ohnehin mit etwas außergewöhnlichem. Zudem gehört Rüdiger Dorns Las Vegas schon heute zu den Würfelspiel-Klassikern. Was soll da noch schief gehen?
Risikofreude, Würfelglück und gute Nerven brauchen die Spieler beim erfolgreichen Würfelspiel „Las Vegas“, das 2012 zum „Spiel des Jahres“ nominiert wurde, auch heute noch.
Eckdaten
Name: Las Vegas Royal
Für 2-5 Spieler, ab 9 Jahren
Autor: Rüdiger Dorn
Illustration: Antje Stephan, Claus Stephan
Verlag: Alea/Ravensburger
Spieldauer: 30-45 Minuten
Platzbedarf: ca. 80×80 cm
Preis: ca. 50 Euro
Zum Spiel
An der Basisversion von 2012 hat sich bis auf ein paar kleine Regeländerungen, nicht viel geändert. In den 6 Casinos gibt es nach wie vor hübsche Sümmchen zu gewinnen. Würfelglück und Risikobereitschaft sind immer noch ein essenzieller Bestandteil des Spiels.
Rundenablauf
Die Spieler würfeln reihum, entscheiden sich für eine der gewürfelten Augenzahlen und setzen alle Würfel mit dieser Zahl auf das entsprechende Casino. Dabei spielt zum einen die Gier nach möglichst hohen Gewinnsummen eine große Rolle, zum anderen, das eigene Würfelglück. Nicht selten muss man seine Wünsche dem realen Würfelergebnis anpassen. Aber auch der Blick zu den Würfeln der Mitspieler spielt eine Große Rolle. Denn nur wer am Ende einer Würfelrunde, wenn alle Würfel platziert sind, die Mehrheit in einem Casino besitzt, erhält den höheren der beiden dort ausliegenden Geldscheinen.
Wer die zweit höchste Anzahl an Würfel in einem Casino liegen hat, der darf sich immerhin noch über den zweiten Schein freuen. Mit etwas Glück, liegen zwei gleiche Scheine aus. Aber, wenn zwei Spieler dieselbe Anzahl Würfel in einem Casino liegen haben, dann freut sich der Dritte! In diesem Fall eliminieren sich nämlich die Spieler mit der gleichen Anzahl an Würfeln in einem Casino.
Nach insgesamt drei Würfelrunden ist dann Schluss. Wer jetzt das meiste Geld gesammelt hat, gewinnt.
Die Module in Las Vegas Royal
Neu sind jetzt 8 verschiedene Tafeln (doppelseitig = 16 Möglichkeiten), die ausgelegt werden und unterschiedliche, zusätzliche Aktionen und Gewinnmöglichkeiten bereithalten. Dabei werden in der Regel drei Tafeln ausgewählt und an die Casinos 1-3 angelegt. Jedes Mal, wenn ein Spieler Würfel auf eines der Casinos 1-3 legt, aktiviert er auch die Spieltafel. Bei der Tafel „High Five“ zum Beispiel bekommt derjenige, der als Erster fünf Würfel auf das Casino gelegt hat, satte 100.000 Dollar extra.
Bei der Tafel „50:50“ besteht die Chance auf eine immer höhere Belohnung. Dazu werden zwei Extrawürfel geworfen und vor jedem Wurf angesagt, ob das Ergebnis höher oder tiefer wird. Hier kann man auch ganz schnell feststellen, dass nach einer Gesamtaugenzahl von 3 durchaus auch mal eine 2 folgt, obwohl man zielsicher „höher“ angesagt hat.
„Las Vegas Royale“ bietet so etwas mehr Interaktion, anderen Spielspaß und bringt Abwechslung am Spieltisch.
Was ist neu?
Mit der Neuauflage kommen auch ein paar neue Elemente und Neuerungen mit ins Spiel, die das Spiel abwechslungsreicher machen sollen. Einige Neuerungen und Elemente haben uns gefallen, andere weniger.
Jetons
Ein neues Element im Spiel sind die Jetons. Die Idee dahinter ist cool. Habe ich einen schlechten Wurf und möchte eigentlich keine Würfel einsetzen, gebe ich einen meiner Jetons ab, setzte aus und hab keinen Würfel „verloren“. Das gefällt uns, das ist eine schöne Ergänzung zur Original-Regel. Allerdings hätte man ein paar Jetons mehr in die Schachtel packen dürfen.
Aktionstafeln/Module
Auch die neuen Tafeln bringen etwas mehr Abwechslung ins Spiel, können aber auch das Spiel in die Länge ziehen. Mit den 8 doppelseitigen Tafeln, was insgesamt also 16 verschiedene Funktionen bringt, ist auf jeden Fall für Abwechslung gesorgt. Auch wenn nicht jeder jede Tafel mag.
Spielerzahl
Las Vegas Royal lässt sich wie das Ur-Las Vegas nur maximal zu fünft spielen. Dank der Boulevard-Erweiterung war es für bis zu 8 Spieler möglich. Schade, das vermissen wir hier gänzlich.
Anzahl Spielrunden
Bei der Spiellänge wurde von vier auf drei Durchgänge reduziert. Warum? – Kann ich so erst einmal nicht nachvollziehen.
Würfel
Jeder Spieler bekommt 7 kleine und einen großen Würfel, welcher wie zwei Würfel zählt. Im Original Grundspiel waren es noch 8 kleine Würfel, aber bei der Boulevard-Erweiterung war die 7+1 Aufteilung ebenfalls vorhanden.
Die Würfelarena
In der Tischmitte liegt jetzt eine Würfelarena und drum herum liegen die Ablagefelder für die Würfel, beziehungsweise später, beim Hauptspiel, die Aktionstafeln. Allerdings ist das ganze Handling etwas ungeschickt. Würfel in die Arena werfen, Wunschwürfel entnehmen und den Rest herausfummeln. Dabei verschieben sich schnell auch die umliegenden Tafeln und der Spielfluss wird unnötig unterbrochen.
Wir machen es da lieber wie beim Original von 2012. Jeder würfelt vor sich und legt seine gewählten Würfel auf die entsprechenden Casinos. Die Würfelarena nutzen wir jetzt nur noch als Jeton-Ablage.
Unsere Eindrücke und Erfahrungen mit Las Vegas Royal
Wir kannten Las Vegas in seiner Ur-Form und waren natürlich sehr gespannt, was uns hier für rund 50 Euro präsentiert wird. Zwar waren wir von ein paar neuen Elementen im Spiel recht begeistert, jedoch war auch ein hohes Maß an Enttäuschung dabei. Die Idee mit den Jetons finden wir super. Sie ermöglichen einen „schlechten“ Wurf zu ignorieren, was taktisch genutzt werden kann. Die Tafeln hingegen machen das Ganze jedoch unter Umständen auch mal komplizierter und verlängern dadurch unnötig das Spiel. Damit dies im Bezug auf die Gesamt-Spielzeit nicht ins Gewicht fällt, hat der Verlag kurzerhand das Spiel von 4 auf 3 Runden reduziert.
Wir haben aber auch Mitspieler gefunden, die Las Vegas bislang nicht kannten. Hier konnte das Spielprinzip sofort überzeugen und alle hatten ihren Spaß dabei. Sowohl im Grund-, als auch im Hauptspiel hatten wir gute Stimmung am Tisch. Allerdings waren unsere Mitspieler ebenfalls vom Design und Material enttäuscht und vom Preis sogar geschockt. Sie wollen dann doch lieber das „Original“ beschaffen, soweit verfügbar, notfalls über den Sekundärmarkt. Aber für 50 Euro sei es ihnen dann doch zu wenig Spiel.
Lücken in der Spielregel
Gerade in Runden mit 5 Spieler, ist es bei uns mehrfach vorgekommen, dass die Jetons nicht ausreichen. Leider haben wir in der Regel dazu keinen entsprechenden Passus gefunden. Eine entsprechende Anfrage beim Verlag ist noch offen.
Was uns an Las Vegas Royal gar nicht gefällt
Fangen wir gleich mal mit der Schachtel an. Diese sieht auf den ersten Blick recht edel aus. Doch spätestens wenn man sie öffnet, fällt der 1,08mm dünne Karton auf. Dieser macht im Verhältnis zur Größe der Schachtel die gesamte Box sehr labil. (Zum Vergleich: Burgen von Burgund: 1,3mm, andere vergleichbare Boxen bieten sogar bis zu 1,7mm Kartonage)
Der zweite Blick beim Inhalt fällt sofort auf den Würfelteller, die Würfelarena. Auch diese ist nicht besonders edel und wurde aus dünnem Kunststoff (scharfkantig) tiefgezogen. Optisch ist die goldene Würfelarena alles andere als „royal“.
Auch die Würfel entsprechen nicht der Qualität, die man bei einem Alea-Spiel für den Preis erwartet. Farbfehler und schlecht gefärbte Punkte. Hier wurde am falschen Ende gespart, denn so sehen die Würfel sehr billig aus.
Weiter geht es mit den Tafeln, von denen in der Regel 3 an den Ring angelegt werden sollen. Leider verrutschen diese Tafeln dort ständig. Hier hätte man gut noch seitliche „Puzzle-Nasen“ anbringen können, um den Tafeln am Ring und untereinander, mehr Halt zu geben. Außerdem wäre es optisch schöner, wenn es 3 leere (neutrale) Tafeln geben würde, damit das Ganze nicht halb fertig ausschaut mit nur 3 Tafeln, so wie jetzt.
Doch damit nicht genug. Die „Jetons“ sind ja mal mega hässlich! Warum nur so ein billiges Design? Warum kann man hier keine schönen Casino-Chips nehmen? Rund, schwer, edel, mit Aufdruck 10.000$, damit deren Wert bei Nichtverwendung auch gleich klar ist.
Mathematisch gesehen sind zudem die insgesamt 20 Jetons alleine für das Grundspiel schon zu wenig. Wenn jeder Spieler zu Beginn einer Runde 2 Jetons bekommt, macht das bei 5 Spieler einen Bedarf von: 2 x 3 x 5 = 30 Jetons. Da würden schon jetzt 10 Jetons fehlen. Bei 2 und 3 Spieler würde es zwar mit den 20 noch reichen, aber einige Zusatztafeln bringen auch noch zusätzliche Jetons ins Spiel. Dann wird es in jedem Falle knapp. Das kann ja so nicht gewollt sein.
Die übrigen Marker sind zweckmäßig in Design und Größe, aber auch nicht besonders edel.
Zu guter Letzt noch die Geldscheine. Diese sind deutlich kleiner als beim Original. Warum? Schade!
Fazit
Na da ist der Schuss ja mal gewaltig nach hinten losgegangen, oder es war schon fast ein Rohrkrepierer. Die Idee, die Marke ALEA in eine neue, edle Runde zu schicken ist sicherlich gut gemeint, aber die Umsetzung bei Las Vegas Royal ging wohl voll daneben.
Wenn ich mir für 50 Euro eine „Edel-Ausgabe“ mit dem Titel „Royal“ zulegen soll, erwarte ich nicht zuletzt von der Marke ALEA eine entsprechende Qualität. So, wie das Spiel jetzt daherkommt, kann man tatsächlich getrost darauf verzichten. Das einzige, was hier noch „royal“ ist, ist der Preis.
Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen, eine Art „Big-Box“ aus bekanntem und bewährtem Grundspiel und der Boulevard-Erweiterung zu machen. Nicht nur, um auch die 8 Spieler Variante aus der Boulevard-Erweiterung zu erhalten. Das Ganze noch mit ein paar kleinen Goodies wie zum Beispiel den „Jetons“ aufzuwerten und mit qualitativ gutem Material in eine stabile Box zu packen. Dabei die Grundversion und die Grundregeln nicht zu verändern sondern durch Varianten ergänzen. Ganz nach dem Motto „never change a winning team“. Dann wäre das sicher etwas geworden. Aber so?
Abgesehen von der Ausführung, dem Material und dem Preis, finden wir die Idee hinter „Royal“ nicht schlecht. Die zusätzlichen Module und die Jetons bringen wirklich etwas Neues mit ins Spiel, was uns auch wirklich gut gefällt. Allerdings ist die Enttäuschung durch Preis und Material dann doch zu groß.
Bleibt zu hoffen, dass die folgenden Titel in der neuen Alea-Serie qualitativ besser werden. Mit „Burgen von Burgund“ sind in der Szene sicher hohe Erwartungen verbunden. Wenn Ravensburger/Alea hier auch die Fans enttäuscht, dann war das vielleicht schon das Ende der neuen, „edlen“ Alea-Reihe.
Oder, Ravensburger/Alea machen es wie bei „Carpe Diem“. Hier wurden einige Mängel in der zweiten Auflage behoben. Warten wir’s mal ab…
© 31.05.2019 Oliver Sack
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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Alea/Ravensburger / Foto-Effekt Cover-Foto und Fotos allgemein: © Oliver Sack
Dies ist keine Werbung, dies ist eine rein sachliche Meinungsäußerung zu einem Produkt.
Der Einfachheit halber, verwende ich die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“.