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Aufstrebende Provinzen, florierende Märkte und einflussreiche Palastbewohner weisen den Weg zu Reichtum in der indischen Provinz – doch was bringt all der Besitz, wenn das Karma nicht stimmt? Die Spieler versuchen, sich mit einer fein verzahnten Kombination aus Würfelmanagement und Workerplacement als die besten Herrscher der Landesgeschichte zu beweisen.
Würfel sind die wichtigste Ressource in diesem Spiel. Dennoch spielt das Glück nur eine begrenzte Rolle, denn einmal gewürfelt, liegen die Würfel bis zu ihrer Verwendung auf den Kali-Tableaus der Spieler. Jeder startet mit 4 Würfeln, 3 aktiven Arbeitern, einem Boot auf dem Ganges sowie einer waldreichen Provinz, die es zu erschließen gilt. Mit prunkvollen Gebäuden lässt sich Ansehen erwerben, und Märkte spülen Geld in die eigene Kasse. Denn darum geht es: Reichtum und Ruhm!
Name: Rajas of the Ganges
Autoren: Inka & Markus Brand
Grafik: Dennis Lohausen
Verlag: Huch!
Für wen: 2 bis 4 Spieler, ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 45 – 75 Minuten
Platzbedarf: ca. 100x80cm
Verlagstext
Eine Besonderheit des Spiels ist die Art, wie beides gesammelt wird, nämlich auf gegenläufigen Zählleisten, die nicht nur den Sieger bestimmen, sondern auch das Spielende einläuten, sobald sich die beiden Marker eines Spielers treffen.
In mehreren Runden sammeln die Spieler Geld und Ruhm, indem sie jeweils abwechselnd ihre Arbeiter einsetzen, evtl. anfallende Kosten zahlen und mit ihren Würfeln die entsprechende Aktion ausführen. So lässt sich mit Hilfe des Steinbruchs der Ausbau der eigenen Provinz vorantreiben; die Märkte verschaffen Einnahmen; im Palast warten hilfreiche Unterstützer, und es lohnt auch stets, den Ganges entlangzufahren und lukrative Boni einzustreichen. In „Rajas of the Ganges“ führen viele Wege zum Ziel. Mit der Baustrategie lässt sich Ruhm sammeln, mit den Märkten Reichtum anhäufen, doch oft bringt gerade eine gelungene Kombination aus allen Möglichkeiten den Sieg. Gutes Karma inklusive!
Quelle: PM, Huch, 29.08.2017
Unsere Eindrücke
Beim ersten Blick auf das aufgebaute Spiel wird man fast erschlagen. Alles bunt, viele Symbole, allerlei Details. Es ist schwer, Deko-Elemente von Spielelementen zu unterscheiden, aber doch wirkt alles einladend. Die bunte indische Kultur versprüht einen Charme, der stärker ist als der Aufschrei des Spielers, der zum ersten Mal vor dem Spiel sitzt. Irgendwie scheint alles so voll, kompliziert und bunt. Dennoch ist man nicht abgeschreckt, denn eine gewisse Harmonie suggeriert: alles gut. Oder anders gesagt, die Aufmachung wirkt auffordernd. Trotz Wimmelbild-Charakter.
Ich hoffe das ich mit meiner Einleitung niemand verwirre, aber das waren so ungefähr meine ersten Gedanken beim ersten Anblick des Spiels. Dazu muss man auch sagen, dass die verwendete Symbolik super logisch und einprägsam ist. Das entschärft den ersten optischen Eindruck bereits nach wenigen Runden und relativiert den Anschein von etwas Komplexem.
Betrachten wir uns die einzelnen Bereiche des Spielplans einmal näher und getrennt voneinander, dann wird schnell klar, dass hier nichts unübersichtlich oder kompliziert ist. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, und das nehme ich jetzt mal vorweg, dass die taktischen Möglichkeiten bei diesem Workerplacement-Spiel sehr vielfältig sind und dadurch einige unterschiedliche Strategien in Frage kommen.
Bevor wir aber einen Blick auf den großen Spielplan werfen, schauen wir noch kurz auf die Elemente, die jedem Spieler zur Verfügung stehen. Zum einen beginnen alle Spieler mit 3 Arbeiter und vier Würfel unterschiedlicher Farbe. Beides wird bei der eigenen Kali-Figur gelagert. Und dazu bekommt noch jeder Spieler ein Spieler-Tableau, auf dem später in guter, alter Carcassonne-Manier Plättchen platziert werden, die wiederum Geld oder Ruhmespunkte einbringen können. Doch dazu später mehr.
Kommen wir zurück zum Spielplan und entschärfen dort zunächst die ganzen Würfelsymbole auf der Linken, unteren Hälfte. Hier befindet sich ein Teil des Palastes, die Terrassen beziehungsweise die Vorterrassen. Ein möglicher Ort für den Würfel-Nachschub. Durch Abgabe (platzieren) eines eigenen Arbeiters kann man sich hier einen Würfel in einer bestimmten Farbe nehmen, oder durch Abgabe von einem Würfel, zwei Würfel einer anderen Farbe nehmen. Da man immer wieder Würfel benötigt und meist nur Würfel in der „falschen“ Farbe hat, ist dieser Ort auf dem Spielplan nicht ganz unwichtig. Das Problem: es gibt neben diesem Ort noch weitere, gute und wichtige Orte die man mir seinen Arbeitern besuchen kann. Leider hat man immer zu wenig Arbeiter oder Würfel. Eines von vielen Dilemmata, das sich wie der Ganges durch das gesamte Spiel schlängelt.
Direkt oberhalb befindet sich der nächste, natürlich auch wieder begehrenswerte Bereich. Der Palast. Hier werden Arbeiter auf eines von sechs Felder gesetzt, und nach Abgabe eines Würfels mit der dazu passenden Augenzahl, bekommt man ein Privileg, einen Bonus oder einen anderen Vorteil. Gut ist, dass die Würfelfarbe des abzugebenden Würfels hier keine Rolle spielt. Schlecht ist, dass meist schon ein anderer Spieler das gewünschte Feld besetzt hat. (–> Dilemma).
Darüber, in der linken oberen Spielplanecke schließt sich etwas unscheinbar die Karma-Leiste an. Hier zeigt uns unser Karma-Marker an, wie viel Karma man zur Verfügung hat. Wer später einmal einen seiner Würfel auf die exakt gegenüber liegende Seite drehen will (um die Augenzahl zu ändern) schiebt seinen Marker einfach um eine Stufe nach unten. Um Karma einzusetzen, wird kein Arbeiter benötigt. Eine nette kleine Zusatzaktion, die sehr hilfreich sein kann, bis einem das Karma ausgeht. (–> Dilemma).
Schauen wir jetzt auf die rechte Seite des Spielplans. Hier sind vier große Felder, wo für jede einzelne Gebäudeart mittels Marker deren Wert in Ruhmespunkte definiert wird. Diese Punkte bekommt man aber erst, wenn man ein betreffendes Gebäude kauft. Hier wird wie gesagt, nur der Wert der Gebäudeart angezeigt. Um ein Plättchen mit Gebäude zu kaufen und zu werten, müssen wir einen unserer Arbeiter in der Spielplanmitte, auf einem Baufeld, einsetzen. Wer hier zuerst kommt, baut kostenfrei, wer später kommt, muss zahlen. Aber nicht nur mit Geld muss bezahlt werden, nein, das ausgewählte Plättchen zeigt an, welche Würfelfarbe und welche Gesamtaugenzahl zusätzlich abgegeben werden muss. Erst dann kann man sich ein Plättchen nehmen und auf seinem Spielertableau anlegen. Dabei ist darauf zu achten, dass immer ein Weg vom gelegten Plättchen zum Palast auf dem Tableau besteht.
Gleichzeitig können über die Wege auch lukrative Boni am Tableau-Rand erschlossen werden. Ist dann auf dem gelegten Plättchen eines oder mehrere der vier Gebäude abgebildet, bekommt man sofort die entsprechenden Ruhmespunkte gutgeschrieben. Doch auch hier haben wir wieder eines von vielen Dilemmata: Das gewünschte Gebäude wurde mir soeben weggeschnappt, man hat die falsche Würfelfarbe gesammelt oder man nicht die erforderliche Augenzahl und kann dies auch nicht mit Karma beeinflussen. Somit gilt auch hier: Planung ist alles!
Kommen wir zur vorletzten Möglichkeit, seine Arbeiter einzusetzen. Der Markt. Hier kann man nach dem Einsetzen eines Arbeiters und nach Bezahlung mit einem Würfel beliebiger Farbe, der Augenzahl entsprechenden Anzahl Waren verkaufen. Die Waren, die hier verkauft werden können, befinden sich auf den Plättchen, die man auf seinem Tableau bereits platziert hat. Um hier gut zu punkten ist wiederum das richtige Timing entscheidend. Dann lässt sich mit dem Markt ein oder zwei Mal gut abkassieren. (–> Dilemma).
Die letzte Einsetzmöglichkeit für unsere Arbeiter ist der Hafen. Ein Arbeiter plus einem Würfel mit der Augenzahl 1, 2 oder 3 erlaubt uns, unser Schiff auf dem Ganges vorwärts zu bewegen. Je nachdem auf welchem Feld unser Schiff landet, bekommen wir unter anderem Geld, Würfel, Karma oder begehrte Ruhmespunkte. Das mögliche Dilemma hier: hat man sich ein Feld auf dem Fluss auserkoren, hat man entweder nicht den passenden Würfel oder jemand war schneller und das gewünschte Feld ist bereits besetzt.
Um all die Zwickmühlen im Spiel etwas besser in den Griff zu bekommen, sollte man versuchen, recht schnell weitere Arbeiter zu bekommen. Man startet mit drei Arbeiter, kann aber bis zu zwei weitere dazu bekommen. Dafür stehen uns drei Möglichkeiten zur Verfügung. Einen Arbeiter bekommt man, wenn man seinen Geld-Marker auf der Geldleiste über ein bestimmtes Feld zieht, einen weiteren bekommt, wer seinen Ruhmesmarker über ein bestimmtes Feld zieht. Die dritte Möglichkeit ist, mit seinem Schiff sehr weit nach auf dem Ganges vorwärts zu ziehen. Dies ist allerdings recht aufwändig und führt erst recht spät im Spiel zum gewünschten, zusätzlichen Arbeiter. Meiner Meinung nach geht es schneller, die Arbeiter auf der Geld- und Ruhmesleiste einzusammeln. Alle drei darf man ohnehin nicht rekrutieren. Es bleibt einem somit nicht erspart, permanent abwägen zu müssen was man aus der aktuellen Situation macht. Und, welches Übel ist das kleinere, wenn ich kurzfristig eine Alternative suchen muss zu meinem Plan. (–> Dilemma)
Zusammenfassung der Dilemmata
Meine Würfel haben die falsche Farbe.
Ich habe zu wenig Würfel.
Meine Würfel haben die falsche Augenzahl.
Ich habe zu wenig Arbeiter.
Mein „Wunschfeld“ ist besetzt.
Ein Geländeplättchen wurde mir weggeschnappt.
Das Spiel ist 2 Runden zu früh vorbei.
Fazit
Was mir und uns gefällt, sind die vielen Möglichkeiten und feine Verflechtungen die es hier gibt. Unterschiedliche Taktiken sind möglich und auch wieder änderbar. Zwar sollte man sich auf eine Schiene festlegen, aber wenn man nicht all zu spät merkt, dass eine andere Taktik eventuell besser sein könnte, kann man noch gut umschwenken.
Allerdings ist das auch immer abhängig von den Mitspielern. Gibt nur einer Vollgas auf Geld- oder Ruhmesleiste, so ist man gezwungen mitzuziehen. Einen Mitspieler ausbremsen ist hingegen fast unmöglich.
Ebenfalls gut gefallen uns die beiden gegenläufigen Punkteleisten (Geld und Ruhm). Sie bestimmen die Spieldauer und beeinflussen die Strategie zusätzlich. Wir hatten Partien, bei denen sich die Marker im Bereich von 30 Ruhmespunkten trafen und andere Partien, da trafen sich die Marker bei 45 Ruhmespunkten. Es ist immer wieder spannend und auch interessant zu sehen, wie es funktioniert, dass jeder mit einer anderen Strategie spielt und man schlussendlich doch dicht beisammen ist. Nur eben in einer anderen Ecke der Wertungsleisten.
Wo hingegen wir nicht einer Meinung sind, ist die Spielerzahl. Zu Dritt hat es uns allen gut gefallen, während es zu viert als langatmig empfunden wurde. Zu Zweit finde ich es sehr schön, mit einem sehr schönen Wettlauf-Charakter, während meine Frau einer Partie zu Zweit nichts abgewinnen kann. Ihr fehlt etwas die Interaktion in der reinen Zweier-Runde. „Man kommt sich zu wenig ins Gehege“, so ihr Urteil.
Fakt ist, „Rajas of the Ganges“ ist ein anspruchsvolles, gehobenes Familienspiel das von den Regeln her einfacher und eingänglicher ist, als es der erste, visuelle Eindruck vermuten lässt.
Last but not least, möchte ich die Spielregeln erwähnen und loben. Sehr gute redaktionelle Arbeit machen die Spiel-Regeln relativ schnell überflüssig. Somit dürfte auch kein „Regel-Frust“ bei weniger Spiel-Erfahrenen Gruppen aufkommen.
Anmerkung
Es gab ein paar kleine Materialfehler in unserem Exemplar. So etwas kann immer mal passieren. Huch! ersetzt in so einem Fall auch die betroffenen Teile problemlos. Wir haben auf den Ersatz verzichtet, da die Mängel nicht das Spiel oder das Spielgefühl beeinträchtigen. Während des Spiels fallen die Mängel auch gar nicht so auf, da man da ganz andere Sorgen hat. (siehe: Dilemma) Wir bedanken uns aber recht herzlich bei den Verantwortlichen im Hause Huch! für die netten und offenen Worte zum Thema Qualität.
© 16.04.18 Oliver Sack
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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge © Huch! / Fotos: Oliver Sack
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